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Berg-Prophet-Dilemma


Geh bitte, hört man zu oft, den Klimawandel hat es ja schon immer gegeben. Oder wie kommt sonst der Baum unter die Pasterze? Und die Bergstürze, die sind doch Standard in den Alpen, hat es immer schon gegeben. Ja, eh. Nix Neues, dass vom Glödis wieder was runterkommt, oder vom Fluchthorn. Gab’s sogar viel größer, braucht man nur beim nächsten Gegner nachfragen. Tirol von A bis Z, heute U wie Umhausen.

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt…

Was glauben Sie, wie die Mädels und Jungs im Neolithikum geschaut haben, damals, vor rund 9000 Jahren. Da sitzt man gemütlich auf der Fundusalm mitten in den Ötztaler Alpen, betreibt ein bisserl Feuerrodung – und plötzlich tschepperts. Aber ganz schön ordentlich. Die Spooky-Fraktion unter den Wissenschaftlern glaubt an einen Vulkanausbruch oder einen Meteoriten, die nüchterne Masse der Geologen geht von einem klassischen Bergsturz aus. Eben, hat es immer schon gegeben. Größer sogar. So groß, dass die Auswirkungen desselben sogar im Wappen von Umhausen zu sehen sind. Dort, wo jetzt die Umhausener Fraktion Köfels liegt, war mal kein Plateau, sondern ein Berg. Und der hat sich mit lautem Krach und Reibungshitze verabschiedet, dass nicht nur die Jungsteinzeitler ganz blass um die Nase wurden, sondern der Gneis ganz glasig – Köfelsit, die Tiroler Verwandtschaft des Bimssteins. Jetzt hat aber Umhausen keinen Bimsstein im Wappen. Was dann? Da kommt wieder die in der Natur so häufige Kettenreaktion ins Spiel, welche Klimaänderungen recht unangenehm werden lassen. Durch den Einsturz des Bergmassivs bei Köfels türmte sich auf der gegenüberliegenden Talseite der Tauferberg auf. Der war dann plötzlich da, wo der Horlachbach einst seinen Weg suchte, und staute das Wässerchen zu einem ordentlichen See. Da weit und breit noch keine Tiwag da war, die daraus schnell Strom erzeugen wollte, nagte sich das Wasser Stück für Stück in den Felsen, von dem jetzt der Stuibenfall, naja, eben fällt. Mit bis zu 2000 Liter pro Sekunde. So beeindruckend, dass er eben auch in das Logo seiner Heimatgemeinde Einzug hielt. Wir lernen also, die Natur hat kein Problem mit dem Klimawandel, die passt sich schon an.

…kommt der Berg zum Propheten

Nicht ganz so leicht hat es allerdings der Mensch, sich anzupassen. Wenn da, wo gerade noch die kuschelige Laubhütte stand, plötzlich kein Berg mehr ist, wenn das Jagdrevier als Schotter unten im Tal liegt und die Waldfrüchte mal für die kommenden 30, 40 Jahre ausfallen, kann das ganz schön lästig werden. Was ökonomische Migrationsbewegungen und umweltbasierte Push-Bewegungen mit Gesellschaften machen, werden wir selbst bald miterleben dürfen. Aber bevor man in Radikalität und Panik verfällt: die Intensität kann noch verändert werden, wenn wir unsere Auswirkung auf das Klima beschränken. Gut, dass es zum Beispiel den öffentlichen Verkehr gibt. Mit dem Regionalexpress nach Ötztal-Bahnhof, mit dem 320er-Bus nach Östen, einmal umfallen, und schon ist man auf der Tribüne. Entspannt und ohne den Druck, auf das kühle Bier am noch kühleren Samstag verzichten zu müssen. Da kann es dann schon sein, dass nicht Bergmassen zum Propheten nach Umhausen kommen, sondern lediglich die Fanmassen. Sicherlich mehr als bei den bisherigen Duellen gegen die Ötztaler. Man traf sich, wenn auch nicht auf allerhöchster Ebene, etwa 1988/89. Als das schwarz-grünes Pendant zum blau-weißen Lizenzträger in der Gebietsliga West den direkten Aufstieg suchte und auch fand. So, wie es auch für dieses Jahr zu wünschen wäre. 22 Spiele, keine Niederlage, 57 Tore im Plus. Dazu trugen auch die Spiele gegen Umhausen bei, die auswärts mit 3:1, daheim mit 3:0 gewonnen wurden. Die Statistik des heurigen Jahres würde da ja ganz schön gut dazu passen.  Innsbruck, ungeschlagen und mit dem Schnitt von 3,0 Torplus pro Spiel, Umhausen mit einem nicht ganz so hohen von 0,1 pro Antritt. Man könnte damit leben auf Innsbrucker Seite.

Dilemma

Das letzte Aufeinandertreffen im Tiroler Cup 1995/96 war jedoch ein nicht ganz so schönes. In der dritten Runde musste man sich dem SV Umhausen mit 1:0 geschlagen geben und eine Saison damit mit Abstieg und Cupniederlage beenden. Gut nur, dass derzeit nicht allzu viel darauf hindeutet, dass sich dieses Schicksal wiederholen könnte. Denn gewinnen konnte Umhausen bislang erst gegen den Letzten, Vorletzten und Drittletzten der Liga, ein Remis konnte gegen den Viertletzten erreicht werden. Es wäre ein ganz schönes Dilemma, könnte Wacker hier nicht erneut reüssieren…

Bild: Monopol-Verlag, Public domain, via Wikimedia Commons

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Autor: Stefan Weis

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