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Cup-Hürde Imst

Ganz vorne sind sie irgendwie selten. Die achtmeisten Einwohner in Tirol. Als Stadt nur die siebtälteste – die Schwazer gerade so um ein kleines Jährchen überholt. Selbst im Bezirk werden sie an den Rand gedrängt, geographisch zumindest. Sieben der zwölf Nachbargemeinden liegen schon in Reutte oder Landeck. Aber bei einer Sache ist der kommende Gegner des FC Wacker Innsbruck ziemlich gut: sie sind die derzeit viertbeste Fußballmannschaft des Landes. Tirol von A bis Z, heute I wie Imst.

Fruchtbar

Bitte genau lesen, da steht fruchtbar. Auch wenn so manchem nicht an das Oberland gewöhnten Menschen ein Wort anspringen würde, an dem das „r“ eine Postition nach hinten rücken würde. Raus aus dem Tunnel, rein in die Industriezone. Wenn dann noch nebelige Herbsttage den Kessel bedecken, nicht gerade ein einladender Empfang. Man sollte aber einen Blick von der Autobahn weg wagen, wenn man denn die Ausfahrt erwischt. Im fruchtbaren Talkessel fühlte man sich schon in der Bronzezeit wohl, die Römer bauten hier den Vorgänger eines Autogrill, als noch nicht die Germanen in den Urlaub fuhren, sondern die Handelswege nach Norden führten. Auch Tassilo III. fand Gefallen am Fleckchen und bestätigte mit Freude eine Schenkung an das Hochstift Freising – vor 1260 Jahren wurde das kleine Oppidum „Humiste“ erstmals erwähnt. Die Bedeutung des Namens? Wohl etwas wie „Nassfeld“, „feuchter Grund“ – ein guter Nährboden, ein Humus für alles, was da kommen sollte. Und das trifft derzeit mehr als nur zu. 19% der Einwohner des Bezirkes sind unter 17 Jahre alt, so viel wie sonst nirgends. Als Vergleich: Innsbruck kann nur 14,1% aufweisen. Das Geburtensaldo im Bezirk: 2,87 je 1000 Einwohner, bestes Ergebnis in Tirol. In Innsbruck sind es lediglich 0,32, und Osttirol schrumpft gar mit -0,8. Da ist es dann nicht verwunderlich, dass sich der Bezirk auch im Fußball breit macht. Allein in der Tiroler Liga kicken derzeit mit Längenfeld und Umhausen zwei Mannschaften aus dem Bezirk Imst. Und in der Regionalliga, also der wirklichen mit Beteilung außerhalb Tirols, spielen sie mehr als nur gut mit.

Zielstrebig

Und nicht nur dort. Denn für Imst gab es ja in dieser Saison sogar eine Dreifachbelastung. Wenn man denn das Antreten im ÖFB-Cup als Belastung und nicht als Belohung sehen will. Im ersten Auftritt konnte der letztjährige Konkurrent und mittlerweile Zweitligist Schwarz-Weiß Bregenz souverän mit 2:0 ausgeschaltet werden, Stefan Lorenz sorgte für den frühen Führungstreffer und in der Nachspielzeit als Draufgabe für den Endstand. In Runde zwei war gegen den Europacup-Starter LASK nicht allzu viel zu holen, bis zur 71. Minute lag man aber nur ein Tor zurück. Gegen einen Bundesligisten, wohlgemerkt, der in der 60. Minute so nervös wurde, dass es gleich zu einem Dreifachtausch kam. Im internen Tirol-Wettkampf ist man noch ungeschlagen, die Reichenau und Silz/Mötz konnten gebogen werden, gegen Kufstein und Schwaz wurde remisiert. Wie auch vor zwei Wochen gegen das Geburtstagskind von der Salzach, den Tabellenführer Austria Salzburg. Imst weiß, wo das Tor steht, kein Wunder bei so viel wackerer Beteiligung im Kader. Emanuel und Fabian Ponholzer, Tobias Auböck, Niko und Rene Schneebauer, Alp Demir, Stefan Lorenz, Benjamin Schmiederer, Amin Ben Ali – sie alle trugen in ihrer Kindheit und Jugend einmal das schwarz-grüne Trikot, manche waren wie Wacker sogar schon am Weg nach oben und konnten sich in der Regionalliga beweisen. Aus der Masse heraus ragen aber drei Namen mit überragender Innsbrucker Vergangenheit: Thomas Kofler, Armin Hamzic und Florian Jamnig. 8 Bundesliga-Partien, 321 Zweitligaspiele, 26 ÖFB-Cup-Auftritte, gesamt 39 Tore für den FC Wacker Innsbruck.

Favorisiert

Kein Wunder, dass die Schwarz-Grünen in dieser Saison das erste Mal nicht als Favoriten in ein Spiel gehen. Aber der Pokal hat immer seine eigenen Gesetze, wie auch Imst gegen die höher eingeschätzten Bregenzer bewiesen hat. Und wenn es eine Niederlage gibt – egal. Gefeiert kann trotzdem werden, das ganze verlängerte Wochenende lang bis zum letzten Heim-Auftritt in diesem Jahr: 110 Jahre wird nicht jeder!

Foto: Alex Pauli

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Autor: Stefan Weis

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