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Bicolor

Wer auf seinem Smartphone unkonzentriert durch die Tiroler Fußballwelt swipt, kann schon manchmal einen kleinen optischen Flashback erfahren. Schwarze Stutzen, schwarze Hose, grünes Leiberl mit rechteckigem, roten Sponsorlogo, das einen da anlacht. Herr im Himmel, es wird doch nicht…?! Keine Angst, es ist kein Wiedergänger, der da durchs Inntal huscht, sondern der SC Münster, der in den schönsten Fußballfarben der Welt spielt – und dabei auf den ersten Blick doch ein bisserl an einen anderen Tiroler Club erinnert. Aber nur, wenn die Lesebrille gerade nicht bei der Hand ist…

Schwärzer als Schwarz

Vantablack. Das schwarze Loch unter den Farben, es schluckt 99,96 Prozent allen Lichts. Vor 8 Jahren war es ein Affront gegen die Kunstwelt, als sich der indisch-britische Bildhauer Anish Kapoor die Exklusivrechte am schwärzesten Schwarz unter den Nagel riss. Alles, was ab da mit diesem Labormaterial bedeckt wurde, erschien nicht nur wie ein Abbild einer galaktischen Gravitationsmüllhalde, sondern war auch markenrechtlich geschützt. Bis nun Forscher des MIT auf ein noch schwärzeres Schwarz gestoßen sind – eine Nicht-Farbe wie ein Tarnumhang, 99,995 Prozent lichtschluckend. Nichts, das noch schwärzer wäre. Außer die sportliche Unserie, in der der SC Münster gerade steckt. Niederlage gegen Umhausen, 1:4. Der Ehrentreffer erst in der Nachspielzeit, als die Köpfe bereits beim verdienten Feierabendbier waren. Niederlage gegen Längenfeld, 0:2. Im eigenen Stadion wurden die Unterländer ausgekontert, sahen eine Rote Karte mit angehängtem Elfmeter und gingen torlos vom Platz. Niederlage gegen Mils, 0:1. Eine gute Halbzeit ist zu wenig, vor allem gegen den Tabellenzweiten. Gut, dass die Reise nach Mils eine kurze war, denn gelohnt hat sie sich nicht. Niederlage gegen den SV Breitenbach, 2:3. Mit vielen Erwartungen war man in die Frühjahrssaison gestartet, geriet schnell in Rückstand, drehte bis zur Pause das Spiel und ging frohen Mutes in die zweite Halbzeit nach der Winterpause. Nur, um dann nach einem groben Abwehrschnitzer den Ausgleich zu kassieren, einen Strafstoß zu parieren und dann doch aus der darauffolgenden Ecke das entscheidende Tor zu kassieren. Da hilft es auch nicht wirklich viel, dass man mit dem Mut der Verzweiflung und einer starken Leistung dem zweiten der Regionalliga Tirol, dem FC Kitzbühel, im Pokalbewerb nach 90 Minuten ein Remis abtrotzte durch einen Lupfer über den unaufmerksamen Torhüter aus 40 Metern Entfernung. Und dass man dann im Elfmeterschießen das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite hatte, Kitzbühel den fünften Strafstoß an die Querlatte knallte und den siebten in den Gamsstadthimmel jagte – Münster steht zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte im Cup-Viertelfinale und darf in der Pause des kommenden Spieles die Ziehung des nächsten Gegners hautnah erleben.

Grüner als Grün

Dieser könnte auch FC Wacker Innsbruck heißen. Und das wäre bei weitem nicht das unangenehmste Los von allen, ist doch mit Hall nur noch ein weitere Tirol-Ligist im Viertelfinale vertreten, mit Volders, Wörgl, Hall und Fügen ein ganzer Haufen Regionalliga-Tirol-Vertreter und mit der Reichenau der letzte waschechte Drittligist. Und die Wattener Wundertüte zwischen Junior-Überraschung und überraschenden Bundesligisten im Kader muss man sich ja auch nicht unbedingt wünschen, vor allem, weil die Fanmassen sich sehr in Grenzen halten würden, trotz der Nähe von lediglich 26km. Da freut man sich schon deutlich mehr auf das Farbduell mit den Burschen aus Innsbruck, die lediglich auf dem Papier grün hinter den Ohren sind, ansonsten aber die pure Verkörperung der Farbsymbolik: Grün, die Mischfarbe aus dem vorwärtsdrängenden Gelb und dem zurückweichenden Blau ist die harmonische Mitte, steht für Hoffnung, Stabilität, Fruchtbarkeit und auch Harmonie. Und das darf man an der Sill durchaus leben. Fünf Pflichtspiele seit der Winterpause, vier Siege – auch im Cup gegen den höher eingeschätzten SK Ebbs – keine Niederlage. Zuletzt gegen Längenfeld gab es sogar ein kleines Torfestival – eben jenes Längenfeld, das zwei Runden zuvor den SC Münster noch in deren eigenen Stadion geschlagen hatte.

Schwarz und Grün

Der direkte Vergleich spricht eine klare Sprache: unteres Drittel gegen Tabellenführer, 22 gegen 51 Tore, 38 gegen 9 Gegentreffer, das drittschlechteste Heimteam gegen das nach Verlustpunkten beste Auswärtsteam. Und nicht zuletzt konnte sich Wacker in den letzten drei Begegnungen zweimal mit 2:0 durchsetzen. Das dritte Spiel wurde auch mit zwei Toren Vorsprung gewonnen – vor fast genau einem Jahr gingen die Münsteraner jedoch zu Hause mit einer 3:1-Führung in die Pause, sechs Minuten Kraftanstrengung hatten gereicht. Es brauchte ein Eigentor der Unterländer und drei Treffer von Alexander Schaber in Halbzeit zwei, um doch noch die vollen Punkte mit nach Hause zu nehmen. Es war das erste Spiel, das Sebastian Siller und Fabian Lantschner als Trainerduo auf der Bank des Tiroler Traditionsvereins coachten.

Bild von supra auf Pixabay

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Autor: Stefan Weis

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