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Zahme Löwen?

Sportverein Hall in Rot-Schwarz. Egal, was in den letzten Jahren war, egal, dass es jetzt nur die fünfte Spielklasse ist – die Löwen haben immer noch eine besondere Ausstrahlung. Ein Spiel auf der Lend ist für jeden Gegner eine Herausforderung, vierzehnmal spielte man dort Zweitliga-Saisonen, zwölfmal feierte man den Tiroler Meistertitel. Namen aus der Vereinsgeschichte wie Hans Arnold, Helmut Siber oder Heli Kraft, aber auch Oliver Prudlo oder Hannes Eder, lassen bei Wackerianern auch Erinnerungen in schwarz-grün aufblitzen. Ein bisserl müde war er, der Löwe aus der, Entschuldigung, Vorstadt. Aber er scheint aufgewacht zu sein…

Humpelnder Löwe

Die Geschichte gibt es ja vielfach. Beim Sklaven des römischen Proconsuls, Androklus, beim Kirchenvater Hieronymus, der die Legende vom Eremit Gerasimos umgehängt bekommen hatte – alle treffen sie auf einen humpelnden, hinkenden, lahmen Löwen. In der Tiroler Liga war das im Herbst auch der Fall, und das gar nicht als Legende, sondern traurige Realität. Gut, im Cup schleppte man sich von Runde zu Runde, schlug die nicht gerade als Favorit zu behandelnde Spielvereinigung Stumm nach Pausenrückstand, überwand Kirchbichl mit einem Treffer mehr und konnte sich mit einem einzigen frühen Tor gegen den SVI durchsetzen. Der Ligaalltag war allerdings nicht gerade so locker flockig für den Absteiger aus der Regionalliga Tirol, der sich in den Relegationsspielen dem SK Ebbs geschlagen geben musste. Den ersten Sieg feierte man erst im dritten Spiel, den FC Wacker Innsbruck empfing man auf der Lend nach sechs Runden mit mageren neun Punkten – und durfte sich über ein 0:3 auch nicht beklagen. Eine Niederlage, die wohl notwendig war, um wachgerüttelt zu werden und auch mit dem Herzen in der neuen Ligenwelt anzukommen. Man biss sich immerhin auf Rang 8 fest, aber es war wohl Zeit für Neues.

Dorn gezogen

Und beinahe scheint es, als ob dieses Neue den Löwen wieder Kraft eingehaucht hätte. Also nicht Helmut, sondern ein anderer alter Bekannter im Schatten des Münzturms: Akif Güclü, und mit ihm Mario Geir. In den Legenden von Sklaven, Kirchenvätern und Eremiten war es ein Dorn, der aus der Sohle des humpelnden Löwen gezogen wurde. In Hall ist es der frische Wind des Trainerduos und die Neuzugänge Jakov Mardetko, Salih Ayazoglu, Bora Adam und Marco Brindlinger, die das ohnehin schon mit 10 neuen Spielern in die Saison gestartete Team dorthin bringen soll, wo es sich zu sein wünscht: auf einem Aufstiegsrang, zurück in die Regionalliga Tirol. Das frische Quartett kam in den acht Pflichtspielen des Frühjahrs zusammen achtzehnmal zum Einsatz, darf schon ein Tor vorweisen und hat zumindest einen kleinen Beitrag dazu geleistet, dass aus dem humpelnden wieder ein springender Löwe wurde. Naja, zumindest ein laufender. Ja, die Mayrhofener lagen den Hallern erneut nicht, der Start wurde wiederum versemmelt. Doch im Cup ist man nach Siegen gegen Kematen und Fügen unter den besten vier, kämpft gegen die Reichenau um den Finaleinzug. Und in der Liga konnte man von 18 immerhin 10 Punkte in die eigene Tasche stecken. Einen Rang ist man nun besser positioniert als noch vor der Winterpause, der Abstand nach vorne ist aber nicht wirklich geringer geworden.

Zahm geblieben

Also doch wirklich alles wie in den alten Legenden? Auch dort wird aus dem verängstigten, schmerzerfüllten Löwen kein wildes Raubtier, sondern ein zahmer Begleiter seines Herren. Das Haller Urgestein Güclü hat noch viel Arbeit vor sich, wenn er die Vereinsvorgabe Aufstieg noch erreichen will. Dass die Wende gerade gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber gelingen muss, ist nicht gerade als positive Fügung zu sehen. Aber wenn man schon ein brüllender Löwe sein will, dann darf man sich auch vor dem Tabellenführer nicht fürchten…

Bild von Bernd auf Pixabay

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Autor: Stefan Weis

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