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Das, was Marcel sagt…

Irgendwie ist es ja derzeit überall wie daheim. Egal, wo man hinkommt, ist Party, wird man herzlich empfangen, spürt die Freude, dass der Wacker da ist. Das Spiel des Jahres, sagen manche, und können sich nicht entscheiden ob es das fürs Geldbörserl und die Fotoalben gute am eigenen Platzl ist, das man extra rausputzt, oder das dann unten im Tivoli. Und da gibt’s dann ja auch manche, die nicht nur das Gefühl genießen, sondern auch noch Fußball spielen wollen, wie etwa die Telfer. Nicht immer zur Freude der Innsbrucker.

Nichts fällt

Da brauchen wir dann nur mal den Marcel dazu fragen. „Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gutgetan wie heute hier.“ Und recht hatte er. Gut, es war jetzt eigentlich Marcel Reif, der das sagte, damals in der unvergesslichen Nacht in Madrid. Aber auf den Tag genau vor sieben Monaten war’s im Tivoli nichts anderes, da hätte man sich aus schwarz-grüner Sicht dann durchaus den ein oder anderen Treffer gewünscht und nicht das magere torlose Remis. „Wenn Sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben Sie es an den Bronchien.“, meinte Marcel dazu. Also der Reif, so allgemein, denn die Telfer jubelten nach dem 0:0 wie nach dem Ligatitel. Wobei, es war ganz gut. Ein kleiner Dämpfer zu Saisonbeginn für die Innsbrucker Jungs, ein Zeichen, dass es kein leichtes Runterspielen wird. Dass durchaus was am Platz geboten werden muss, um in dieser Liga zu überstehen. Und die Telfer zeigten ja auch gegen andere Teams, dass sie nicht nur zum Spaß auf den Platz laufen. Sie sind seit Anfang Oktober daheim ungeschlagen. Mehr noch, nimmt man die Testspiele dazu – und Hall und Matrei sind da durchaus ernst zu nehmende Kontrahenten für ein Freundschaftsspiel – dann ist man überhaupt seit 720 Minuten, seit 8 Spielen nur als Sieger vom Platz gegangen. Und hat manchem Gegner ein Packerl mitgegeben. Hall vier, Matrei sieben, Niederndorf im Cup fünf. „Was können wir als Kassenpatienten mehr erwarten“, meinte Marcel dazu. Der Reif, natürlich.

Reise zu sich selbst

Jetzt geht es für Wacker also rauf nach Telfs. Nichts Neues für manche Schwarz-Grüne der Geschichte. Ein bisserl, wie wenn Marcel in eine in Tee getunkte Madleine beißt und sich in die Kindheit zurückversetzt fühlt. Wenn ein Geschmacks- oder Geruchserlebnis plötzlich ganz bestimmte Erinnerungen hervorruft – einfach so, wie es Marcel in seinem ellenlangen Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beschreibt. Also Marcel Proust. Bei manchen Alt-Innsbruckern löste der Geruch des frisch geschnittenen Grases am Emat, der Duft von frischen Würsteln, der Hauch des Windes wohl ähnliches aus. Karl Zajic etwa, der von Telfs zu Wacker kam, 13 Spiele und ein Tor in der Bundesliga hinterließ. Den Eigentler-Mädels. Dem Tschenett Leo, der oben beim SV lange als Trainer arbeitete und da junge Spieler hochbrachte, die dann nach Innsbruck gingen. Schwarz Werner stand auch an der Seitenlinie, Kurt Welzl kickte dort zum Auslaufen. Perstaller, Schaber, Durmic, sie alle waren oben zu finden. Und sicher noch mehr, ich hab das Gefühl, ich hab jemanden ausgelassen… Dass am Ematbödele, dort wo der Schießplatz war, auch ein kleines Tivoli entstand, vergisst man dabei leicht. Schon 1956 errichtete man die erste Zuschauertribüne, und 2002, nach dem Bau des neuen Hoamatl des FC Wacker, kamen gut erhaltene Sitze aus dem alten Tivoli zur Wiederverwendung in Telfs. Upcycling, würde man neudeutsch sagen. Oder, um Marcel zuzuhören: „Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, neue Landschaften zu suchen, sondern mit neuen Augen zu sehen.“ Marcel Proust, natürlich. Kein Wunder, dass man rein aus diesem Gefühl der Verbundenheit 2022 den Anhang des ÖFB-Cupgegners nicht rein lassen wollte. Aber so einen lauten Wald hats in Telfs dann auch noch nicht gegeben…

Spaß ist relativ

Jetzt geht’s also für die jüngste Kampfmannschaft-Generation rauf nach Telfs. „Es gibt ja Leute, die sagen, dass das ab und zu Spaß macht“, meint Marcel dazu. Der Reich-Ranicki. Ich habe allerdings den Verdacht, dass er dabei nicht den Fußball meinte, sondern eine andere leidenschaftliche körperliche Tätigkeit, über die er sich gerne in seinen Literaturkritiken ausließ… Großen Spaß werden aber die Zuschauer am Sonntag haben, denn das Spiel verspricht Spannung. Der andere Marcel, der Schreter nämlich, der seines Zeichens von 2002 bis 2013 beim FC Wacker Innsbruck spielte, in 278 Spielen 56 Tore erzielte und nun Trainer in Telfs ist, meinte: „Das Tivoli ist mein Wohnzimmer gewesen, Emat ist meine Heimat. Das wird ein ganz besonderes Spiel für mich.“

Foto: Alex Pauli

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Autor: Stefan Weis

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