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Unsere „Champions League“

Wie, was, Champions-League? Wo fand sie statt? Ich konnte am Samstag kein wichtigeres Spiel ausfindig machen, als die Regionalliga Tirol Begegnung am heimischen Tivoli gegen den SV Kematen. Statt um die wichtigste europäische Trophäe, ging es im Innsbrucker Tivoli um die „Goldene Ananas“. 4063 Zuschauer haben den Titel in der vierten Liga nicht wie die Champions-League-Sieger, sondern wie der FC Wacker Innsbruck gefeiert. Einfach, ehrlich und bodenständig. Quasi das „gallische“ Innsbruck. Das ist kein Milliardengeschäft, sondern unser Leben und unsere Liebe! Das kann man nicht in Euro-Scheinen zählen. Pausenstars braucht im Fußball niemand, das hat man am Tivoli gesehen. Die „Show“ war das Publikum und die Attraktion ist Schwarz-Grün.

Hey, Wiki, hey

Habe ich da von etwas „gallischem“ geschrieben? In Frankreich soll es solches ein unbeugsames Dorf gegeben haben. Dieses Gebiet an der westfranzösischen Küste, das die Römer im Jahr 56 vor Christus eroberten und sich Aremorica nannte, entspricht in etwa der heutigen Bretagne. Dort stehen nahe dem kleinen Badeort Carnac in kilometerlangen Reihen etwa 3000 „Hinkelsteine“, die aus prähistorischer Zeit stammen. Viel Arbeit für Obelix, einen der Helden einer Comicserie. Der vor lauter Kraft und (Zauber)Trank so gerne Hinkelsteine auf den Rücken trägt. Er und sein Freund Asterix hatten einmal die schwere Aufgabe zu lösen, einem gallischen Landsmann dessen schon chronische Gänsehaut zu nehmen. Der junge furchtsame Mann hatte ein „Gänsehautproblem“. Die furchtlosen Wikinger haben dieses Vorhaben erfahren. Die rauen Kerle hatten im Leben noch nie Gänsehaut, sprich einfach keine Angst. Der Gallier sollte jetzt die Rettung sein. Sie begaben sich auf den Weg, um ihn zu entführen, um zu erfahren, wie man eine „Gänsehaut“ bekommen kann.

Mangels Navigationsgerät haben sich die Nordländer aber wohl heillos verfahren. Schlussendlich ging es statt nach Westfrankreich, nach Westösterreich. Über die Berge nach Tirol, den großen Fluss entlang bis nach Innsbruck. Dort, in Pradl angelangt, leuchten Lichter. „1-2-3 ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht.“ Nun nichts, als hinein in das Innschbrugga Tivoli. Aufgrund des großen Andrangs musste das Spiel indessen um 10 Minuten später angepfiffen werden. Hohen Seegang sind die Wikinger ja gewohnt. Auf der Westseite hätte die Choreografie der „Tivoli Nord“ im heftigen Wind beinahe die Segel gesetzt. Von den erfahrenen Seeleuten aus dem hohen Norden tönte es: rasch „abdakeln.“ Wie sollen wir aus den Bergen wissen, was das sein soll? Hierzulande sagen wir auch nicht „Schiff ahoi“, sondern „Jahoi, ein Schiff?“ Aber die schwarz-grünen Nordmänner und -damen rollten die Planen der Choreografie schon selbst nach unten und dann zischte, qualmte und leuchtete es am Tivoli heller als der Sonnenschein bei samstäglichen 32 Grad. Wir erinnern uns: „Ob ihr richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht.“ Dazu sage ich nur: „plopp“, es sind weit über 2000 Schwarz-Grüne goldrichtig gestanden. Auf ihre Nord. Da, wo das Herz des FCW am lautesten pocht und die Heimat der treuen Fans ist.

Die Wikinger hingegen befürchteten jetzt endgültig in Walhalla einzugehen, bekamen die bei dieser Atmosphäre doch durch und durch ihre gesuchte „Gänsehaut“ zu spüren. Diese Stimmung in Tirols Fußballtempel raubte einem beinahe den Atem. Was haben die verirrten Besucher aus dem hohen Norden gesucht? Richtig, sie wollten die „Haare auf der Haut zu Berge stehen“, finden. Das haben sie gefunden. Der Auslöser dafür war die Atmosphäre in Wackers Heimstätte. Erstens ist der FC Wacker Innsbruck und alle seine Anhänger selbst ein „gallisches Dorf“, und ich muss euch zudem enttäuschen: Diese Geschichte ist meiner Fantasie entsprungen. Und es ist mir wichtig zu betonen, dass meine Wikinger nichts mit jenen aus Ried im Innkreis zu tun haben. Auch wenn deren Farben ident sind.

Cup-Finale im Oberland

Wie oft habe ich davon geschrieben, dass Fußball mehr ist als 90 Minuten Sport. Diese schwarz-grüne Community ist so etwas von einzigartig. Vom Bodensee bis zum Neusiedlersee ist keine Phrase. Mit einer „junggebliebenen“ Burgenländerin (extra zum Spiel angereist) durfte ich ebenso ein paar nette Worte wechseln, wie mit einem Freund aus Vorarlberg, der es geschafft hat, dass wenn er und seine Freunde ins Tivoli reisen, ein Kleinbus zu wenig Platz hat. Neben Hessen und Südtirolern traf ich mit Tommy Gassler samt seinen Kindern, einen der Hauptverantwortlichen, dass das Tivoli bei Wacker-Spielen heute noch dieses ganz besondere Flair hervorruft. Sein Bruder und Mitstreiter Erwin hatte mit Bernhard Strasser Besuch aus Niederösterreich. Bernhard war einst bei den ehemaligen „SSW Freunden“ aus Niederösterreich. Nicht vergessen sollte man Schwarz-Grüne aus den entlegensten Tiroler Ortschaften.

Am Pfingstmontag geht es für den Wackertross ins Tiroler Oberland zum TFV-Cupfinale. In einer dieser entlegenen Ortschaften. Lediglich der „Heilige Geist“ wird wissen, wie dieser Saisonhöhepunkt ausgehen wird. Wenn man die Kaderliste des Westliga-Urgesteins, SVG Reichenau, genauer betrachtet, ist der FC Wacker Innsbruck nicht unbedingt der Favorit. Im letztjährigen Viertelfinale gegen die Reichenauer war erst im Elfmeterschießen Schluss. Nach dem Verletzungspech im vergangenen Jahr sind die Schwarz-Grünen voll auf Revanche aus. Da heißt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, um sich nicht zu verbrennen. Ist es zu unverschämt, wenn ich diesen Pokal auch noch gerne mitnehmen würde?

Entgegen der medialen Berichterstattung wäre das aber nicht der der erste Tiroler Cup-Titel. In der Saison 1959/60 holten Fritz Spielmann und Co mit einem 2:1 Finalsieg über den Innsbrucker SK (damaliger Titelverteidiger) den sogenannten Landespokal an die Sill. Der Vorläufer des TFV-Cups wurde aber schon im Sommer 1959 ausgespielt. Der Weg zum Pokal führte über ESV Austria Innsbruck (3:1), SV Landeck (8:2), SV Haiming (9:4) ins Finale gegen den ISK. Ernst Jäger sorgte dort mit seinen zwei Toren für den 2:1-Sieg des FC Wacker Innsbrucks. Es gibt am heurigen Pfingstmontag zwar keine Gewissheit über den Ausgang des Cup-Finales, doch dass Tarrenz an diesem Tag zu Tirols Fußballhauptstadt aufsteigen wird, steht außer Frage.

Schlussworte

Es bedeutete für den SV Kematen sichtlich eine große Ehre an diesem Saisonfinale am Tivoli Gast gewesen zu sein. Einige ihrer Funktionäre und Spieler taten das vor und nach dem Spiel kund. In Hinblick auf ihre große Gastfreundschaft in den vergangenen Jahren, war diese glückliche Fügung der Auslosung auch für alle Wackerianer eine schöne Geschichte.

Meine Jungs (mein Enkel Raphael und sein Cousin Maxi) bereiten mir ebenfalls jedes Mal eine Freude. Dieses Mal erkundeten sie auch die wiedereröffnete Nordtribüne. Man muss die Kids selbstständig sein lassen. Zuerst wird der Opa von Spieler zu Spieler gehetzt, um begehrte Fotos zu bekommen und dann behauptet klein Raphael später am „Wacker-Kiosk“, dass sein Leben schon „verrückt“ sei. Ganz so, wie das des Opas. Am Heimweg, bei offenem Autodach, erklangen Gesänge wie in einem Fan-Bus. Zum Leidwesen der Vomper Oma kennen sie, „Alles außer Innsbruck ist …“ auch schon. Durch Tage wie diese wird man reicher als jeder Milliardär.

Im Vorspiel schoss Wacker II die SPG Arlberg/Stanzertal mit 5:1 vom Tivoli WI Platz. Der Rückstand auf einen Aufstiegsplatz (Zweitbesetzung der Union Innsbruck) beträgt weiterhin drei Punkte. Die ebenfalls frischgebackenen Meisterinnen von den FCW-Damen II haben in Bruckhäusl gar 14 Tore geschossen.

Foto: Alex Pauli

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Autor: Rudolf Tilg

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