Skip to main content

Déjà-vu

Alles wie gehabt. Wackers Kapitän musste am Pfingstmontag passen, Leistungsträger waren unter der Woche krank im Bett und nicht fit. Alles wie schon im letzten Jahr gegen das RLW-Spitzenteam SVG Reichenau. Auch diesmal hat man nach regulärer Spielzeit nicht verloren, aber im alles entscheidenden Elfmeterschießen zweimal den Ball in den dritten Stock gepfeffert. Alles reine Nervensache. Hat man uns etwa die Aufzeichnung vom vergangenen Jahr vorgespielt? Nein, denn damals ging es mit einem 0:0 ins Elferschießen. Beim TFV-Cupfinale 2025 stand es nach 90 Minuten 1:1.

Sommer-Sonne-Auswärtsfahrt

Zwei vom FC Wacker und der „Faninitiative Innsbruck“ organisierte Busse und gleich vier der Fanclubs rollten am Pfingstmontag Richtung Tarrenz. Genauer gesagt, nach Obtarrenz zum „Sportplatz Lenzenanger“. Wackers Tross war in der ersten Cuprunde schon beim FC Fliess zu Gast. Damals wurde auch mit Bussen auf über 1100 Meter Seehöhe gefahren. Das war schon sehr abenteuerlich. Und am Pfingstmontag? Die Fanclubs ratterten das malerische Mieminger Plateau entlang über den Holzleitensattel von der anderen Seite her nach Tarrenz. Mitten im Wald an einem großen Parkplatz wurde der Gasgriller ausgepackt. Inmitten einer atemberaubenden Bergwelt. Ach, mein Tirol, was hast du nicht alles zu bieten! Aber es wurde noch schöner. Wieder in den umfunktionierten und genialen „Linienbus“ des „Wacker Inventars“ gekraxelt, war der Ort der Begierde schnell erreicht. Aber halt, das malerische „Tarrenz“ war es nicht. Es hieß zusammenrücken. Es ging nämlich hinauf nach „Obtarrenz“. Für die großen Busse war in Tarrenz Endstation. In unserem „Linienbus“ wurde von unten bis oben gesungen, was die Karre gerade noch ausgehalten hat. Jetzt war das Vehikel tatsächlich ein Lienenbus. Reisebusse durften da eigentlich nicht rauf. Oben angekommen, wiesen freundliche Nachwuchsspielerinnen des FC Tarrenz den Weg. Da ging es zu Fuß noch einmal ein Stück nach oben. Auf dem weitläufigen Areal des „Lenzenangers“ fanden 3000 Zuschauer ihren Platz. Ich hätte aber noch ein paar Platzerln mehr entdeckt. Aber auch so war das für ein Amateurfinale an diesem abgelegenen Platz eine sensationelle Kulisse. Den offiziell 3000 Zuschauern würde ich noch ein sattes Plus hinzufügen. Immerhin gingen Kinder, von denen es nur so wimmelte, ja ohne Tickets rein. Überwältigt waren aber alle von der grandiosen Landschaft, in die dieses Schmuckkästchen von Fußballplatz eingebettet liegt.

Es wollte nicht sein

Die rappelvolle Haupttribüne ergab ein tolles Bild. Wiederum andere hatten es sich am Waldrand gemütlich gemacht. Die Schwarz-Grünen bekamen zwei Tribünen, auf der Süd- und Westseite. Support von zwei Seiten gab es bisher nicht oft. Das Spiel begann mit einer sensationellen Choreografie der wackeren Innsbrucker. Die Reichenauer sahen in ihrer stärkeren Liga einen Vorteil. Die Schwarz-Grünen wurden in ihrer Liga hingegen weniger gefordert. Davon sah man aber rein gar nichts. Es gab Rasenschach zu sehen, zu groß war der gegenseitige Respekt. Man neutralisierte sich gegenseitig, somit waren auch Torchancen Mangelware. Neulich habe ich hier an selber Stelle vom entscheidenden „kühlen Kopf bewahren“ geschrieben. Den hatten dann nicht alle. Im Nachhinein ist man immer klüger. Okan Yilmaz wandelte am Rande eines Ausschlusses. Bright Owusu machte sich schon warm. Doch dann passierte es. Nach einem Zusammenstoß mit dem gegnerischen Tormann außerhalb des Strafraums gab es keine Gnade mehr. Gelb-Rot für unseren Stürmer. Wacker spielte mehr als eine Halbzeit nur noch zu zehnt.

Aber auch zu zehnt lieferten die Schwarz-Grünen bis zum Gegentor eine taktische Meisterleistung ab. Als ein weiter Abschlag von Wackers Tormann Lukas Tauber über sein Gegenüber ins Tor kullerte, explodierten die Sektoren der Wackerianer und ein Urschrei schallte durchs Oberland. Ein legendäres Tor, das wohl in die Geschichte eingehen wird. Aber praktisch im Gegenzug wurde der Gleichstand wieder hergestellt. Das sollte natürlich nicht passieren. Zuvor konnte die Reichenau trotz numerischer Überlegenheit und oftmals zu viel Platz für ihren Spielmacher keine Torchance erarbeiten. Der SVG genügte eine einzige gute Aktion nach dem Platzverweis von Okan Yilmaz, um ins Elfmeterschießen zu kommen. Man muss allerdings auch sagen, dass der FCW an diesem Tag auch nicht mit Torgefahr glänzte und die Reichenau in der Defensive sehr gute Arbeit leistete. Und eines wurde im Vorfeld schon mehrfach betont: In so einem Spiel muss auf den Tag alles passen. Elfmeterschießen ist reine Nervensache und da waren die Reichenauer um ein Quäntchen glücklicher und routinierter. 

Lukas Tauber feiert sein legendäres Tor

Erfolge sind nicht das Wichtigste

Ich möchte dem FC Tarrenz Glückwünsche zum Jubiläum ausrichten. Was die alles auf die Beine gestellt haben, kann sich sehen lassen! Neben einem Legendenspiel wurde sogar das längst geschlossene Gasthof Traube reaktiviert. Dort, wo vor 50 Jahren die Gründung des FC Tarrenz beschlossen wurde. Auf dem Platz, auf dem man früher vor den Spielen noch eine Menge Kuhfaden zu entfernen hatte, steht jetzt mit dem „Sportplatz Lenzenanger“ ein Juwel. Am ganzen Wochenende gab es Programm mit Livemusik und guter Unterhaltung. Und auch der Finaltag des TFV-Cups war bestens organisiert. Daher bekommt der FC Tarrenz von mir eine „römische Eins“ verpasst. Die Latte für zukünftige Veranstalter liegt nun sehr hoch.

Den TFV bewerte ich nicht. Es war ein mutiger Schritt, die Finalaustragung an einem abgelegenen Ort, auf 1160 Meter Seehöhe, zu vergeben. Doch wer hätte auch vor mehr als zwei Jahren – als der Finalort vergeben wurde – damit gerechnet, dass bei einem TFV-Cupfinale mehr als 3000 Leute sein würden? Der FC Tarrenz hat den TFV mit seiner exzellenten Organisation gerettet. Warum war aber die Behörde und das Kommando der Polizei im Vorfeld so nervös? Die Spiele des FC Wacker Innsbruck in ganz Tirol haben sich offenbar bis jetzt nicht bis ins Tiroler Oberland herumgesprochen. Man hätte sich informieren können. Das erledigte dann der FC Tarrenz für sie. Die Organisatoren holten quer durchs Land Stellungnahmen bei Vereinen ein, die in den letzten Jahren den FCW zu Gast hatten. Ausnahmslos wurde von den Vereinen das gute Verhalten der FCW-Fans gelobt. Völlig unverständlich also, warum die Exekutive im Vorfeld und durchaus auch am Spieltag so nervös war. Für diese vollkommen unnötige Hektik, deren überzogene Nervosität und den unnötigen Polizeieinsatz (Polizisten versteckten sich offenbar sogar im Wald) kann es von meiner Seite nur ein glattes „nicht genügend“ für die zuständigen Behörden und die Exekutive geben. Wie zu erwarten war, lief alles ohne Probleme ab.

Ganz alleine lasse ich den FC Tarrenz aber nicht feiern. Ich feiere nämlich auch mein ganz persönliches 50jähriges Vereinsjubiläum. 50 Jahre Rudl und der FCW. Und „mein Bier isch nit deppat“ feiert ebenso mit. „Ein echter Wiener geht nicht unter“, wurde 1975 zum ersten Mal ausgestrahlt. Was heißt ein echter Wiener? Ein echter Wackerianer geht nach diesem verlorenen Finale nicht unter. Ein echter Wackerianer geht niemals unter!

Ich hätte diesen Pokalsieg liebend gerne einem verunglückten Buben aus dem Unterland gewidmet. Ein Angehöriger von mir war Zeuge dieses tragischen Unfalls und bis zum Eintreffen der Rettung Ersthelfer. Im Fußball hat man meistens eine zweite Chance. Im Leben leider nicht. Und darum sind Erfolge wahrlich nicht das Wichtigste im Leben. 

Fotos: Rudolf Tilg, Daniel Schönherr

Avatar photo

Autor: Rudolf Tilg

Dieser Text stellt geistiges Eigentum des tivoli12 magazins dar und ist somit urheberrechtlich geschützt. Um den Text, oder Teile davon nutzen zu können, setzen Sie sich bitte mit dem tivoli12 magazin in Verbindung.
Skip to content