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Shoot for the stars

Die kommende Saison hat ja grundsätzlich schon was für sich. So wunderschön es in Tirol ist, in der Regionalliga ein bisserl über die Grenzen des Bundeslandes hinauszuschauen ist schon etwas Besonderes. Dann diese Dressen, die zarten schwarzen und grünen Streifen, wunderschön. Zwei Ligen höher, und trotzdem Ruhe auf der Bank und Personalkontinuität, beruhigend. Und sogar einen Startplatz im ÖFB-Cup gibt es als kleines Bonusspiel vor Saisonbeginn. Dachte man zumindest vor der Auslosung. Denn von klein kann keine Rede sein. 126 Jahre Fußballtradition, international tätiger Bundesligist, drei Sterne am Trikot. Wacker Innsbruck is shooting for the stars.

Balkan Connection

Aber bevor die Schwarz-Grünen die Möglichkeit bekommen, sich mit den Ballesterern aus dem Vierzehnten zu messen, waren diese schon in Europa unterwegs. Am Balkan, genau gesagt. Wobei es ja nicht ganz klar ist, wo dieser anfängt und endet. Dem alten Metternich wurde ja das Bonmot in den Mund gelegt, hinter seiner Villa am Rennweg oder seinem Haus auf der Landstraße beginne der Balkan. Kein Wunder, dass sich der Floridsdorfer Marko Arnautovic dann nicht zwischen Wien und Belgrad entscheiden konnte – und jetzt statt für drei kleine goldene für einen großen roten Stern dem Leder hintennachläuft. Apropos Stern – ein kleiner roter ziert auch das Wappen des Fudbalski klub Decic aus der vor den Toren Podgoricas liegenden, 3700 Einwohner zählenden Stadt Tuzi. In Jugoslawien Drittligist, in Montenegro im vergangenen Jahr Cupsieger, qualifizierte man sich zum vierten Mal für das internationale Geschäft. In der abgelaufenen Saison scheiterte man erst in Quali-Runde 3 im Elfmeterschießen an HJK Helsinki – jenem Club, der vor elf Jahren Rapid, vor vier Jahren den LASK aus den Bewerben schmiss. Diesmal lief es für die Grün-Weißen aus Penzing durchaus besser, schon nach 17 Minuten ging man vor den Augen von Dejan Savicevic mit 1:0 in Führung. Torschütze in seinem ersten Spiel für die Wiener war Verteidiger Jannes Horn, deutscher Neuzugang von St. Louis City (MLS), der seinen aktuellen Trainer Peter Stöger schon aus seinem Engagement beim 1. FC Köln kannte. Durch einen Elfmeter wurde der 2:0 Endstand hergestellt, das Spiel tröpfelte in Halbzeit zwei nur vor sich hin.

Kreidesilhouetten auf dem Trottoir

Nachdem die Wiener Abor und Tynna den Deutschen beim Songcontest ein bisserl Alltagsfranzösischösterreichisch beigebracht haben, sind nun also die Nachbarn aus dem Norden da, um als Neuzugänge den Österreichern Fußball zu zeigen. Und nicht nur die. Horns Tor gelang nach einem Eckball von Andrija Radulovic, serbisch-montenegrinischer Neuzugang von Vojvodina. In der zweiten Halbzeit waren eigentlich nur Ercan Karas Lupfer und Dominik Weixelbrauns Alutreffer erwähnenswert – zwei weitere Neuzugänge, österreichische Talente von Samsunspor und Amstetten. Auch der Sturm der Rapidler zeigte sich neu. Mit Janis Antiste, der Leihgabe von Sassuolo, und Claudy Mbuyi, dem Torschützenkönig der zweiten Liga von St. Pölten, wirbeln zwei französischsprachige Offensivkräfte den Gegnern um die Ohren. Durch Peter Stöger zog eben nicht nur frischer Wind in Aufstellung und Taktik, sondern grundsätzlich im gesamten Kader ein. Zu lange muss man bei den Hütteldorfern schon auf einen größeren Erfolg warten. 32 Meistertitel hängt man sich gerne um, doch der letzte ist 17 Jahre her. Man rühmt sich auch der 14 Cupsiege und wartet seit dreißig Jahren vergeblich auf den nächsten. Da können auch Vizemeister 2020 und 2021, Finaleinzüge 2023 und 2024 nicht darüber hinwegtrösten.

Ballalalalalaler Löcher

Wenn jetzt allerdings etwas vermessen ist, dann, die Leistung der Wiener von Innsbruck aus zu kritisieren. Denn es trifft am Sonntag ein Bundesligist auf einen Drittligisten, gestandene Fußballprofis auf eine hochmotivierte, aber dennoch Amateurmannschaft, Stars auf, nein, nicht einmal Sternchen. Da kann man in Tuzi noch so viele Löcher in die Nacht ballern, Rapid spielt international, für Wacker ist derzeit ein ÖFB-Erstrunden-Match das Bonus-Spiel der Saison. Der Ausgang scheint vorgezeichnet. Aber wen juckts? Wacker gegen Rapid, Innsbruck gegen Wien, endlich wieder. Zeit für eine Party, egal was am Platz abgeht. Für 90 Minuten Gesang und einen Spaß, der vor und nach dem Spiel zeigt: Schwarz-Grün ist quicklebendig. Fünfzehntausendundwasweißich-fach lebendig. Und in der Zwischenzeit kann man in der Stille der Nacht ja davon träumen, was Tynna meint:

„Hah, ich glaub‘, das war’s. 
I shoot for the stars.
Ich baller‘ Löcher in die Nacht
Sterne fall’n und knall’n auf mein Dach…“

Bild von cromaconceptovisual auf Pixabay

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Autor: Stefan Weis

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