Wir alle sind Sieger
Hätte mir vor dem Cupschlager jemand gesagt, wir verlieren gegen das 45 Millionen teure Rapid nur mit 0:1 hätte ich sofort unterschrieben. Im 31-köpfigen Kader der Grün-Weißen befinden sich sieben aktuelle Nationalspieler, und das Team wird von der österreichischen Fußballlegende Peter Stöger gecoacht. Die Hütteldorfer müssen dennoch dem Schiedsrichter Stefan Macanovic danken, dass sie nicht gegen den Drittligisten FC Wacker Innsbruck 30 Minuten oder länger nachsitzen mussten. Die Wackerfans hätten das liebend gerne getan.
Sieger der Herzen
Sieger Tiroler Herzen? Aber nein. Praktisch aus allen Teilen Österreichs kamen die schwarz-grünen Besucher des Cup-Spektakels gegen den SK Rapid ins Tivoli. Aber auch von jenseits der Landesgrenzen haben Fans und Sympathisanten den Weg ins Tivoli gefunden. Ich durfte Burschen aus dem fernen Leipzig (Leutscher) und Freunde aus der Mainmetropole Frankfurt begrüßen. Ich denke, es ist nicht mehr erforderlich, detailliert aufzulisten, aus welchen Regionen Europas die Unterstützung eingetroffen ist. Italiener und Schweizer, die ohnehin inzwischen regelmäßig im Tivoli sind, aber auch Holländer und selbst Spanier waren einige dabei. Europacup, oder wie? Vier Stunden vor Spielbeginn war vor dem Innsbrucker Tivoli schon eine ganze Menge los. Was sich dann im Laufe des Nachmittags abgespielt hat, kannte ich so nur von Spielen in der Deutschen Bundesliga. Support vor der Stadioneröffnung hat man in Innsbruck auch noch nie vernommen. Schade, dass man einen Sicherheitsabstand zum Auswärtssetor brauchte. Diese freien Plätze hätte man locker verkauft. Selbst am Spieltag hätte Wacker wohl weit mehr als tausend davon absetzen können. Aber auch so wurde der Fanartikelstand gestürmt und leergekauft.

Zur ersten Cuprunde gegen den SK. Rapid kamen exakt 15.753 Zuschauer. Das überbiete ich jetzt mal und erwähne, dass über 100 ehrenamtliche Helfer am Start waren. Die Ersten waren schon vor acht Uhr morgens da. Dann wimmelte es von Fotografen aus nah und fern. Etwa 80 Journalisten waren akkreditiert und 100 Securitys sorgten für die Sicherheit der Zuschauer. Die alle, inkl. den Ball- und Einlaufkindern, der Stadiontechnik usw. dürfen sich ebenso als Sieger fühlen. Simon Riedmann (Koordinator) nahm sich für dieses Spiel eine Woche Urlaub von seinem normalen Job, um alles organisatorisch stemmen zu können. Und wären wir im Cup weiter gekommen, wäre der gute Mann reif für eine ganze Inselkette gewesen. Ihm sowie allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern gebührt höchster Dank und Anerkennung. Nicht nur unsere Mannschaft samt Betreuerstab ist „Sieger der Herzen“, sondern alle, die zum Gelingen dieses Spiels beigetragen haben.
Professor Rudl benotet
Als Sieger darf sich auch der Stadionbetreiber „Olympiaworld“ fühlen. Ja, ihr habt richtig gelesen. Dieser Autor hier ist beim Betreiber des Stadions der Stadt Innsbruck bestens bekannt. Vielleicht sogar gefürchtet. Aber wer viel kritisiert, sollte auch das Positive erwähnen. Die Beiträge in der Rubrik „Fanleben“ des „tivoli12 magazins“ werden traditionell auch als „Fanviews“ bezeichnet. Ich gebe die Sicht der Fans zum Besten. Positiv, wie Negativ. Alles lief einwandfrei, und zwar auf sämtlichen Tribünen, die den Anhängern der Schwarz-Grünen zur Verfügung standen. Im Vorfeld stellte es sich als äußerst schwierig heraus, die seit Langem ungenutzten Tribünen, ihre Verkaufsstände, die Toilettenanlagen und insbesondere die verschmutzten Sitze wieder in einen makellosen Zustand zu versetzen. Alles wurde gut bewältigt, weshalb der Betreiber und seine Mitarbeiter eine glatte Eins erhalten.

Die Ehrenamtlichen erhalten eine römische Eins, genauso wie unsere Mannschaft, für den heroischen Kampf, der dem Publikum geboten wurde. Die Mannschaft des SK. Rapid gebe ich ein „genügend“. Von einem österreichischen Spitzenteam, das den Meistertitel anstrebt, darf man schon mehr erwarten. Es ist wenig überraschend, dass Schiedsrichter Stefan Macanovic glatt durchfällt. Herr Macanovic rückte durch seine übermäßig kleinkarierten Entscheidungen und eine eindeutige Fehlentscheidung in den Fokus des Spiels. Und das ist für jeden Unparteiischen ein vernichtendes Urteil seiner Leistung. Überirdisch und völlig losgelöst muss man das Publikum bewerten. Das war einfach nur SPITZE!
Steht auf für den FCW
Eigentlich haben wir gerade die „Hundstage.“ Das wären die heißesten Tage im Jahr. Hey, toll, mit 18 Grad. Das sind Temperaturen, wie Ende März. Nach einem kräftigen Regenschauer, gefolgt von Sonnenschein, kommt dann ein leichter Regen, und es ist schon ein Grund zur Freude, wenn es nicht anfängt, Eisbrocken zu regnen. April, oder? Am Innsbrucker Tivoli war es unerheblich, dass Petrus sich in der Phase der Wechseljahre befand. Beim Ansehen der Aufzeichnung des ÖFB-Cupauftakts am Tivoli hat es mich erneut gefesselt und elektrisiert.
Tormannlegende Helge Payer gab als TV-Experte unserem Torhüter Lukas Tauber einen neuen Spitznamen. Lukas ist jetzt der „Zauber-Tauber.“ Darüber dürfte unser Tormann immer noch schmunzeln und doch lieber bei „Luggi“ bleiben. Peter Stöger (mit Innsbruck Vergangenheit) ergänzte: „Für solche Tage spielt man Fußball und geschwitzt haben wir auch.“ Gegnerische Spieler und Fans sprachen von einem glücklichen Sieg ihrer Mannschaft. Die Gazetten und Fußballplattformen sind voll von Videos und Berichten über dieses Spiel. Was soll man da noch viel hinzufügen? Vielleicht weniger hektisch sein. Aber das ist bei der Kulisse und dem Namen des Gegners schnell einmal daher gesagt. Außerdem trugen 1600 Grün-Weiße im Auswärtssektor ebenfalls zu diesem Cup-Wahnsinn bei.

Eine Atmosphäre zum Genießen und ganz besonders die Minuten vor Spielbeginn trieben mir die Tränen in die Augen. „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ und „Oh und wie ist das schön“, schallte es durch Tirols Fußballtempel. So peitscht man das Publikum ein und sorgt für ein Stadionerlebnis, das mehr wert ist, als die Einnahmen. Mehr benötigt man für ein Fußballspiel nicht. Das Publikum ist die Show. Später als die Nordkurve das „Steht auf für den FCW“ angestimmt hat, hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Ein halbes Jahrhundert bin ich jetzt dabei, aber eine derartige Atmosphäre rund um das Tivoli-Oval habe ich bisher selten erlebt – und da waren viele emotionale Momente dabei. So waren und sind wir alle Sieger.
Ich bin gespannt, wer von diesen Leute am Freitag wieder im Tivoli ist. Viele haben beim Verlassen des Stadions gemeint, jetzt würden sie sich sogar Regionalligaspiele anschauen. Werbung hat der FC Wacker Innsbruck für den Ligaauftakt jedenfalls perfekte gemacht. Wer Lust auf mehr hat, braucht also nur am Freitag ab 19.30 Uhr gegen den SV Seekirchen wieder im Tivoli sein. Tolle Stimmung und ein Fußballfest sind auf alle Fälle garantiert.
Fotos: Rudolf Tilg, Alex Pauli