(K)ein Platz für Helden
Leicht wird es nicht. Also mehrfach. Zum Beispiel, sich nach solch einem Wochenende wieder auf den Alltag, auf das Ligensystem einzustellen. Auf Spiele, in denen man selbst der treibende Faktor sein muss und nicht den großen Gegner kommen lassen kann. Auf Spiele, in denen nicht ein ausverkauftes Tivolistadion mit Energie von allen Tribünenseiten die Mannschaft aufputscht. Auf Spiele, die neue Gegner bringen, längere Fahrten. Gut, dass zum Auftakt der Gegner nach Innsbruck kommt.
Nix zu sehen…
Und der heißt Seekirchen. Die Stadt am Wallersee. Mal schaun, was es dort zu entdecken gibt. Eine Kirche etwa, die anscheinend der Heilige Hrodbertus, also der Rupert, am Weg nach Juvavum, also Salzburg, so im Vorbeigehen errichten ließ. Und dann… Nö, das war es dann eigentlich, viel mehr gibt es aus der Geschichte nicht zu erzählen. Klar, über den See könnte man viel sagen. Der See, der sogar in den kitschig-schönen Sissi-Verfilmungen durch ein nicht standesgemäßes Gspusi von Herzog Ludwig in Bayern vorkommt, wird ja die Schauspielerin Henriette Mendel zur Rettung der Ehre zur Freifrau von Wallersee erhoben. Und deren Tochter, Marie von Wallersee, spielt eine nicht gerade heldenhafte Rolle bei der tragischen Geschichte von Kronprinz Rudolf und seiner erst sechzehnjährigen „Geliebten“ Mary Vetsera. So sehr, dass Tante Sissi mit ihr brach. Aber Seekirchen selbst? Das plätschert dahin im Lauf der Geschichte mit seinen vielen Dörfern, die erst in den letzten Jahrzehnten zu einer größeren Siedlung herangewachsen sind und am Rupertitag vor genau 25 Jahren zur Stadt erhoben wurde. Oder, um es mit dem Lexikon der Salzburger Nachrichten zu sagen: „Mit der 2024 in Betrieb gegangenen ‚Haltestelle Seekirchen Stadt‘ ist man mit dem Zug in zwölf Minuten am Salzburg Hauptbahnhof.“ Mehr Wohnsiedlung für Stadt-Fliehende also, oft das Schicksal der Randgemeinden.
Ein bisserl was zu sehen…
Und das macht Seekirchen dann doch noch interessant. Denn Thomas Bernhard wuchs etwa dort auf. Und lernte die österreichische Seele kennen, die er in seinen Stücken sezierte (siehe bspw. „Heldenplatz“). Anton Windhager errichtete vor einem Jahrhundert einen kleinen Betrieb für Herde, der im vergangenen Jahr als Konzern für Zentralheizungen beim KSV vorstellig wurde. Also nicht dem Fußballverein, sondern dem Kreditschutzverband. Aber Fußball, den gibt es auch in Seekirchen. Und wie. Für die Kampfmannschaft des FC Wacker Innsbruck ist es schon ein Weilchen her, dass man sich mit den Flachgauern messen musste. So lange, dass manche der Spieler im Kader noch nicht einmal geboren waren. Lukas Tauber, der Methusalem des Teams, war gerade mal 9 Jahre alt, Albin Krasniqi drei Wochen. Und elf weitere Schwarz-Grüne noch gar nicht da. Es war die Neustart-Saison 02/03, der Gesamtscore lautete nach zwei Aufeinandertreffen 10:2 für Wacker. Die Amateure sind in den letzten Jahren mehrfach aufeinandergetroffen, 18mal in den letzten fünfzehn Jahren. Die Ergebnisse könnten dabei nicht unterschiedlicher sein: mal verliert man 1:5, mal gewinnt man 6:0, am Ende steht eine Bilanz von 11 Siegen, 2 Remis und 5 Niederlagen. Beim letzten Heimspiel, dem 3:0 im September 2017, durfte sich auch ein junger Spieler in die Torschützenliste eintragen, der erst ein paar Tage zuvor seinen 18. Geburtstag gefeiert hatte – Raphael Gallé.
Sehr viel zu sehen…
Junge Buben, das ist auch das Stichwort für Seekirchen. Denn aus dem kleinen Ort im Schatten Salzburgs kamen dann doch ein paar Spieler, deren Bühne ganz Europa wurde. Die Ibertsbergers etwa schnürten dort schon als Knirpse ihre Schuhe, bevor sie in Deutschland und Italien, im Nationalteam und bei Salzburg, und Robert auch einmal am Tivoli ihre Heimat fanden. Oder Thomas Winklhofer, vom Wallersee ins UEFA-Cup-Finale, violette Legende, die immerhin ein Bundesliga-Spiel auch für Innsbruck bestritt. Manfred Pamminger, mehrfach als Gegenspieler des FC Wacker am Feld. Und dann natürlich die, die in Seekrichen ihre Karriere ausklingen ließen, etwa die Ex-Innsbrucker Leo Lainer nach 8 Meistertiteln und 5 Cupsiegen, Maxl Scharrer, der erste Torschütze im neuen Tivoli, und Heimo Pfeifenberger, zweimaliger WM-Teilnehmer und mit Winklhofer und Lainer leidende Zuschauer beim Pfostenpendler im Meazza-Stadion.
Um an diese Generationen anzuschließen, müssen die Seekirchner noch einiges leisten. Den Grundstein haben sie bereits im vergangenen Jahr gelegt: überlegener Meister in der Salzburger Liga, nur zwei Niederlagen, 113 erzielte Tore, ein Tore-Plus von 87. Hauptsächlich dafür verantwortlich waren Christoph Chudoba, Ben Leitenstorfer und Fabian Neumayr. Alle drei schon aus dem „Talente“-Alter entwachsen, alle drei aber auch heuer im Kader der Salzburger. Und alle drei heiß auf die Regionalliga, wie auch der Rest des Kaders, der sich kaum verändert hat. Drei Abgänge, vier neue Kicker, unter anderem Aaron Volkert von der Salzburger Austria und Simon Freund aus Siezenheim – der Sohn von Bayern-Sportdirektor Christoph Freund…