Zu Hause ist es doch am schönsten!
August! Es war August, als sich das Tivoli zum letzten Mal für den FC Wacker Innsbruck füllte. Dazwischen liegen nun drei Auswärtsspiele, 921 Straßenkilometer durch die Schönsten Baustellen des Inntals oder, umweltbewusst zu Fuß gedacht, rund 207 Stunden auf Schusters Rappen. Jetzt darf man wieder zu Hause auflaufen, gegen Bischofshofen.
Oh wie schön ist Panama!
Ein bisschen erinnert es ja an die Geschichte, wie der kleine Tiger und der kleine Bär nach Panama reisen. Reisen wollten. Denn zu Hause, in dem kleinen Domizil in der Nähe eines Flusses, da war es irgendwie zu eng geworden. Immer dasselbe. Und der Geruch der großen weiten Welt, der lockte. An der Sill, da war es nicht eine angeschwemmte Kiste, die nach Bananen roch. Eher ein Rasen, der schon bessere Zeiten hinter sich hatte, und wenig verlockende vor sich. Tiger und Bär erleben viele Abenteuer auf ihrer Reise, die so lange dauert, dass sie ihr zu Hause nicht mehr wiedererkennen, so zugewachsen, verwildert und ein bisserl abgewohnt schaut es aus. Wacker war jetzt nur einen Monat auf Reisen. Viel zu kurz, um das Tivoli nicht wiederzuerkennen. Dabei wäre genau das das Ziel gewesen. Jetzt steht man wieder im Rasenviereck, und irgendwie hat sich nichts verändert. Kein strahlendes Grün, keine makellos ebene Fläche, kein neues Gras lockt hier im schwarz-grünen Wohnzimmer. Immer noch der gute, alte Flokati, den man schon im August bespielt hat. Und in vielen, vielen Monaten zuvor. 2012 waren es etwa 368 je 15 Quadratmeter große Rasenstücke, die mit 8 Trucks aus Ungarn angeliefert wurden und dem Nationalteam im Spiel gegen die Ukraine einen neuen Auflauf boten. 2021 waren es 500 Quadratmeter im Süden, die einen Austausch benötigten, weil die Schwammerlsaison nicht nur in den Wäldern des nahen Patscherkofels die Pilze aus dem Boden lockte. Das Stadion hat schon viel gesehen. Tobende Massen bei Musikveranstaltungen allerdings weniger, trotz angedachter Multifunktionalität. Und so wird es auch vorerst mal keinen Songcontest erleben. Traurig für alle Fans des ESC, für den Rasen allerdings nicht die schlechteste Nachricht – auch wenn das Zuhause des FC Wacker dann wohl im entscheidenden Saisonfinish wieder gesperrt werden könnte.
Tahiti!
Aber bis es so weit ist, geht es erst mal gegen Bischofshofen. Die Großmacht aus dem Pongau, die Stadt, die so manches mit Innsbruck teilt. Die Vierschanzentournee etwa, die in Bergisel und Paul-Außerleitner-Schanze die Vielfalt dieses Wintersports zeigt. Oder, zurück im Sommer, die Frage nach dem Gründungsjahr des Fußballvereins. Einen gelernten Innsbrucker zieht es ja die Ganslhaut auf, wenn er beim runden Leder 1933 hört. Da haben sich ja im Schwarzen Rössl im Zuge der Auflösung der beiden Vereine Hertha und Rapid in einer Stadt 50km nördlich von Bischofshofen ein paar Ballesterer getroffen und einen Club in violett und weiß gegründet. Man munkelt, dass die Farben bewusst unpolitisch ausgesucht wurden in dieser politisch so aufgeladenen Zeit. Davon können die B’hofener ein Lied singen. Denn obwohl man sich mit 1933 schmückt, wurde der Verein erst 1935 rechtlich verankert. 1933 findet sich in der „Salzburger Wacht“, der Parteizeitung der Sozialdemokratie, der Eintrag „Das erste Auftreten der Arbeiterfußballer von Bischofshofen hinterließ hier den allerbesten Eindruck.“ Ein allerbester Eindruck, den man an diesem Wochenende auch von Innsbrucker Seite begrüßen würde, unterlagen die Kicker doch ihrem Gegner Admira mit 2:8, aber halt in schön und mit Disziplin.
Durch die Zerschlagung der roten Organisationen im Austrofaschismus wurde auch der Arbeitersport verboten, im Juni 1934 kickte man dann nicht mehr unter der roten Fahne, sondern als Fußballsektion des Fremdenverkehrsvereins, und das gleich mit drei Mannschaften. Und so kam es 1935 doch zur Gründungsversammlung, Bischofshofen durfte sich ältester behördlich genehmigter Pongauer Fußballverein nennen. Mehr noch. Mit der Austria und dem Salzburger AK zählte man über Jahrzehnte zu den drei großen Vereinen des Bundeslandes. Während sich die Violetten dem Profisport zuwandten, waren es die beiden anderen Clubs, die sich um den Landesmeistertitel duellierten. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass man als dritter Verein des Landes nach Austria (Gerngroß) und SAK (Mirabella-Küchen) mit „Tahiti“ einen Sponsor präsentieren konnte.
Zu Hause ist es doch am schönsten!
Mehr noch, man stieg in die Nationalliga, die höchste österreichische Spielklasse, auf. Amateure ganz oben, das konnte nicht gutgehen, sportlich zumindest. Aber was für ein Abenteuer! Im Auftaktspiel gleich aufs Tivoli, vor 8000 Zuschauern nur von Walter Skocik und Ove Flindt mit 2:0 überwunden. Im ersten Heimspiel dem GAK einen Punkt abgeknöpft vor 4000 Zuschauern, der halben Einwohnerzahl. Den neuen Verein Admira Wacker besiegt. Es gab Tage zum Träumen. Gut, manchmal auch nicht so angenehme Tage, etwa dem Rückspiel gegen die Innsbrucker, das mit einem Hattrick Heinz Binders und 0:5 endete. Aber wer als Amateur in der höchsten Spielklasse 8 Punkte sammelt, 22 Tore erzielt und nach 28 Partien nur ein Minus von 42 Treffern aufweist, der kann getrost Stolz sein auf seine Leistung.
Mittlerweile ist man wieder ein stolzer Regionalligist geworden. Im vergangenen Jahr gutes Mittelfeld, hat man in diesem Jahr in neun Partien schon 16 Punkte gesammelt, Kufstein geschlagen, Altach Juniors überrannt, Seekirchen dreimal eingeschenkt, die Reichenau überrollt und Kitzbühel drei Punkte abgeknöpft. Und für die Zuschauer noch im Cup den Titelverteidiger Sturm Graz begrüßt. Da ist es zu Hause doch am schönsten. Mit 12 Punkten, 12 Toren und vier Siegen aus fünf Spielen bestes Heimteam. Auswärts – nur das schnöde Mittelfeld, vier Punkte lediglich, negaitves Score. Also herzlich willkommen am Tivoli!
Bild: KI generiert