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Fugger, Guldiner, Tabellenführer

Es gibt Städte, die glänzen.
Und es gibt Städte, die haben das Glänzen bezahlt.
Schwaz gehört zur zweiten Sorte, wobei als die heutige Stadt bezahlt hat, war sie noch keine Stadt.
Aber das ist eine andere Geschichte…

„Gott hat das Silber geschaffen, der Teufel die Bergleute.“
— Tiroler Sprichwort

Im 15. Jahrhundert war Schwaz nicht einfach ein Punkt auf der Landkarte, sondern das Epizentrum des europäischen Silberrausches.
20.000 Menschen drängten sich hier zwischen Schmelzöfen, Stollen und Schenken – mehr als in Wien.
Während man anderswo noch über Steuern diskutierte, finanzierte Schwaz Kriege.

„Ohne das Silber von Schwaz hätten wir die Türkenkriege nicht finanzieren können.“
— Kaiser Maximilian I. (zugeschrieben)

Ohne Schwaz kein Glanz in den Habsburgerkassen.
Ohne Schwaz kein Maximilian mit Goldenen Dachl.
Ohne Schwaz… kein imperialer Größenwahn in Stein gemeißelt.

Und mittendrin: die Fugger.
Augsburger Kaufleute.
Vernetzt, skrupellos, reich.
Sie hielten die Fäden – und den Kaiser am Geldhahn.

„Das Silber gehört Gott, der Gewinn den Fuggern.“
— zeitgenössischer Spottvers

500 Jahre später begegnet man in Innsbruck wieder Händlern.
Nicht aus Augsburg. Sondern aus Hamburg und Stuttgart.
Nicht mit Schmelzöfen, sondern mit Pressekonferenzen.
Der eine ein selbsternannter Spross einer hanseatischen Kaufmannsfamilie, mit Visionen so groß wie die Nordsee – und finanzieller Tiefe wie ein Planschbecken.
Der andere ein Schwabe ohne Geld, aber mit beeindruckendem Selbstbewusstsein.
Statt Münzen prägten sie Fantastereien, Stadionpläne und heisse Eislutscher.
Statt Kapital floss… Hoffnung.

Die Fugger waren Händler mit Reichtum.
Diese beiden waren eher Händler mit Geschichten.
Beide Epochen haben ihre Figuren.
Nur die Bilanzen unterscheiden sich deutlich.

Schwaz war nicht nur reich – Schwaz war eine Marke.
In Hall wurde die erste Großsilbermünze geprägt: der „Guldiner“, aus Schwazer Silber.
Eine weltweit bekannte Währung, unverfälscht, ohne Bleikern, einfach pur.
Ein Stück Tirol, das durch die Hände Europas wanderte – so bekannt wie die Fugger selbst.

Und Marken… nun ja…
Der FC Wacker Innsbruck ist auch eine Marke.
Nicht aus Silber, aber mit Gewicht.
Mit Geschichte.
Mit Bedeutung.
Mit der größten Zuschauerschaft im Land.
Eine Marke, die selbst dann leuchtet, wenn das Umfeld mal wieder auf Sparkurs ist.

Heute ist Schwaz kein Finanzzentrum mehr.
Aber Geschichte schläft hier nie – sie liegt in der Luft, zwischen Bergen, Straßen und Kabinen.
Und manchmal wird sie wach… wenn sich der Tross Richtung Innsbruck bewegt.

Am Freitag ist es wieder so weit.
Der FC Wacker Innsbruck – Tabellenführer, neun Siege aus zehn Spielen, Tordifferenz 29:5 – empfängt Schwaz.
Schwarz-Grün, mit der Stabilität eines Tresors und der Offensivlaune einer spätmittelalterlichen Münzstätte.

Der SC Schwaz dagegen steht auf Rang neun.
Vier Siege, zwei Unentschieden, fünf Niederlagen.
17 Tore geschossen, 20 kassiert.
Nicht schlecht, aber eben auch nicht übermächtig.
Ein Verein im Niemandsland der Tabelle – gefährlich, weil er nichts zu verlieren hat.

Schwaz hat nichts zu verlieren, aber sehr wohl etwas zu holen.
Und Wacker… Wacker hat den Ruf zu verteidigen, den Namen zu tragen und die Favoritenrolle, die keiner ausspricht, aber jeder kennt.

„Der Berg gibt, der Berg nimmt.“
— Tiroler Redensart

Vielleicht wird es ein souveräner Auftritt des Tabellenführers.
Vielleicht ein hartes Stück Bergwerksarbeit.
Vielleicht ein Nachmittag, den man in Innsbruck später unter „Pflichtaufgabe“ oder „verdammt zache Partie“ ablegt.
Egal wie: Geschichte liebt solche Spiele.

„Geschichte wiederholt sich nicht. Aber manchmal trägt sie Fußballschuhe.“
— Unbekannt

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Autor: Michael Fritz

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