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Ein dreimal Hoch dem Lederball

Wenn sich die Herbstsaison dem Ende neigt, steht mit Altach ein faszinierender Verein am Grün gegenüber. Einer, der über Jahrzehnte nicht auf der Fußballlandkarte hinter dem Arlberg wahrgenommen werden konnte. Und doch einer, der in den letzten Jahren zum Vorarlberger Aushängeschild mutiert ist. Aus einem Ort, der lange keiner war.

Brüder, lasst die bunten Fahnen in die Lüfte wehn…

Und da geben sich Fußball- und Gemeindegeschichte die Hand. Denn beide sind über lange Zeit nicht gerade sonderlich aufregend. Mehr noch, Altach ist fast so etwas wie ein Paradebeispiel für eine Vorarlberger Rheintalgemeinde: nahe dran an der großen Geschichte, aber halt als Fußnote. Das fängt schon mal mit der Gemeinde an sich an. Wie so oft im Ländle stellt sich die Frage: wo fängt sie an, wo hört sie auf? Sie wohnen auf der Nordseite des Altacher Wegs, der Ostseite der Lustenauer Straße in Bauern oder nördlich der Konstanzerstraße? Dann sind sie schon in Hohenems. Sie verlassen die Bahnhaltestelle Altach nach Osten? Dann sind sie in Götzis. Altach war nämlich bis vor 200 Jahren gar keine eigene Gemeinde, sondern ein Anhängsel von Götzis. Und damit ein Teil von Feldkirch, obwohl der Palast von Hohenems quasi in Sichtweite liegt. Und man selbst im Unterland. Ja, auch in Vorarlberg gibt es da eine recht klare Trennung. Der Kummenberg trennt das Rheintal scharf und klar. Also so scharf und so klar, wie der Kummenberg ein Berg ist. 667 Meter hoch und damit knapp 250 Meter höher als Altach selbst. Ein Felsen, eigentlich eine Felseninsel mitten im Tal, die von Gletschern und Wassern nicht weggespült wurde. Bis der Mensch kam, eine Autobahn bauen wollte und sich mitten durch den Stein gesprengt hat. Und dann erklärt dir eine Vorarlbergerin, naja, eigentlich ist das ja nicht der Kummenberg mit der Autobahn, sondern der Udelberg, ein angelehnter Nebenhügel, der einen eigenen Namen hat und überhaupt nur 100 Meter aus dem Tal rausschaut. Und auch wenn Altach davon nördlich liegt, ist es eigentlich Oberland, weil ja die alte Diözesangrenze zwischen damals Götzis und Hohenems… Ja Huara-sack-zement, ihr seids doch alle Schnorrawaggli, Schoofsäckel, Hälgiiger und Hallodri, Bodasurri, Tüpflischiißer und Pappsäckl, Arschkrüücher und Rotznasle, Füdlaschlüüfer, Großkopfate und Hohlköpf. So kann man doch nicht arbeiten, zefix.

Der Rheindorf Altach, der wird oben sein…

Dann reden wir halt über den Sport. Und da ist ja schon mal das Stadion ein spannender Part. Also die Sportplätze überhaupt. Denn so wie der einzige islamische Friedhof Vorarlbergs in Altach im Schwefel an den Rand gedrängt scheint (und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum alten jüdischen Friedhof im Schwefel, aber Hohenems, liegt), so findet sich ein großes Grün direkt an der Götznerstraße, das Mösle-Stadion. Das halt in Götzis liegt, während der Möslepark… Sie wissen schon. Der Fußball in Altach, der sich in den 1920ern festsetzte, der hatte seinen Ursprung am Riedle. Natürlich aus dem Turnerbund hervorgegangen, im Gasthaus Krone festgelegt, wie fast überall so ähnlich im Ländle. Aber als Spielfeld am Riedle. Und entgegen vieler anderer Plätze aus den frühen Jahren des Fußballsports gibt es ihn immer noch. Jetzt beinahe mitten in Altach gelegen, von Häusern umgeben, dient er dem Nachwuchs des SCR als Heimstätte. Dort wurde vom FA Turnerbund gekickt, dort fand im März 1946, nach Neugründung im Gasthaus Hirschen, das erste Spiel der Sportvereinigung Altach gegen Rot-Weiß Feldkirch statt. Dort wurde auch weitergespielt, als man sich 1949 in Sportclub Rheindorf umbenennen musste. Dort konnte man 1986 auch erstmals den Aufstieg in die Regionalliga feiern. Und wollte plötzlich mehr. In den Profisport, in ein neues Heim. Das Schnabelholz wurde errichtet, auf der anderen Seite der Autobahn, wo die allermeisten Nachbarn schon keine Altacher, sondern Mäderer sind. Zu Beginn standen 12500 Stunden Eigenleistung. Dann der Aufstieg in die 2. Division, dann das Abenteuer Bundesliga, und schließlich wurde das Schmuckkästchen, das regelmäßig mitwuchs, sogar zu klein für die Aufgaben der Altacher, die sich europäisch bewähren mussten.

Haben wir ein Spiel verloren, ist es nicht so schlimm…

Von solchen Abenteuern können die Gegner vom Samstag derzeit erst träumen. Und sie haben dafür ja auch noch Zeit. Der aus 8 Nationen zusammengesetzte Kader umfasst zwei 16jährige, sechs 17jährige, sieben 18jährige, sechs 19jährige und als „Methusalixe“ mit Muslioski, Yabantas und Sismanlar drei 21- bzw. 22jährige. Und das Team, das erst mit Saisonbeginn neben anderen wieder vier Spieler aus der Vorarlberger Akademie und sechs aus dem eigenen Nachwuchs mitaufgenommen hat, muss sich erst finden. Drei Siege aus 15 Spielen (in den ersten beiden Runden gegen Lustenau und Lauterach sowie in Runde 8 gegen Kufstein), die meisten Gegentreffer aller Vereine, das schlechteste Torverhältnis, im Landescup gegen Nenzig direkt raus nach einer 4:2-Führung noch in der 80. Minute – man hat Luft nach oben. Aber das könnte man sich auch für das Frühjahr aufsparen. Und fest üben. Wie es auch im Lied der Altacher heißt…

Haben wir ein Spiel verloren,

ist es nicht so schlimm, hipp hipp hurra,

müssen wir halt fest trainieren,

auf das nächste Mal, hipp hipp hurra.

Drum Ihr lieben Fußballspieler,

haltet Euren Sport,

[:Haltet Rheindorf Altach in Ehren, dass er blühe fort:]

Und der Rheindorf Altach geht nicht unter,

und der Rheindorf Altach geht nicht ein.

Und wenn der ganze Sportplatz unter Wasser steht,

der Rheindorf Altach, der wird oben sein.

Photo von böhringer friedrich – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10577338

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Autor: Stefan Weis

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