Pressespiegel - 16.10.2024
Blick nach Kolumbien soll nicht von der Basis ablenken
Autor: Daniel Lenninger, Medium: Tiroler Tageszeitung
Der Horizont im Tiroler Frauenfußball reicht gegenwärtig von einer Weltmeisterschaft bis zu einer neu eingeführten Reserve-Liga.
Innsbruck – Was da aktuell in Südamerika passiert, „es treibt mir die Tränen in die Augen“, sagt Ingo Martin, seit 15 Jahren im Tiroler Mädchenfußball federführend. Mit den Spinn-Schwestern Laura und Greta sowie Hannah Fankhauser sorgten drei Tirolerinnen bei der U20-WM in Kolumbien mit dem Achtelfinal-Einzug für Furore. Und im A-Team sind Lilli Purtscheller, Nicole Billa, Kathi Schiechtl und Jasmin Pal fester Bestandteil. Frauenfußball und Tirol – so schlecht läuft es doch gar nicht, oder?
„Wir sitzen in einem Zug, der nach vorne fährt. Aber es ist kein Schnellzug“, darf man sich laut U14-Auswahltrainer Martin nicht blenden lassen. Wenn es darum gehe, eine nachhaltige Stabilität zu erreichen, gebe es noch reichlich Luft nach oben: „Wir reden teilweise noch von denselben Themen wie vor 15 Jahren. Angefangen bei der Akzeptanz, dass Eltern bei ihren Mädls sagen: Fußball, warum nicht?“
Helene Falkner hat sich als Frauenreferentin des Tiroler Fußballverbands einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Das Projekt „Mädls gemma kicken“ für Fußballerinnen zwischen neun und 14 Jahren hat eine steile Entwicklung hinter sich. „20 Standorte“ zählt Falkner und betont: „Mit den Gegebenheiten, die wir haben, wird im Tiroler Frauenfußball super Arbeit geleistet. Man sieht aber, dass Potenzial für mehr da ist. Dazu braucht es Rahmenbedingungen.“
Der Traum von einer Mädchen-Akademie lebt: „Es wäre ein toller nächster Schritt, wenn wir auf dieselbe Schiene wie die Jungs kommen – verbunden mit Schul- und Heimplätzen.“ Martin empfiehlt, die Angelegenheit bei der Wurzel zu packen: „In manchen Jahrgängen gibt es zu wenige Spielerinnen. Mädchen müssten früher mit dem Fußball in Berührung kommen. Super wäre es, wenn sie schon in der Volksschule Fußball spielen gehen.“
Neidlos anerkannt wird, dass für Top-Talente die Akademie in St. Pölten den Maßstab vorgibt. Pro Jahrgang schaffen österreichweit aber nur zehn Spielerinnen die Aufnahme. Zuletzt gelang fünf 2011er-Mädchen der Sprung in die zweite Runde des Auswahlprozesses.
Für jene, die sich in Tirol weiterentwickeln möchten, sieht Wacker-Sportboss Michael Kunzer den Abstieg in die 2. Bundesliga kurzfristig nicht als Nachteil: „Man hat mehr Chancen auf Einsätze. Sina Gstrein (2009), die in allen bisherigen Saisonspielen mit dabei war, ist dafür ein super Beispiel.“
Im Breitensport halten die Frauen-Ligen die Fahne hoch. „Die Tiroler Liga wird immer ausgeglichener. Früher war der Ausgang der Meisterschaft viel berechenbarer“, freute sich Wilten-Langzeittrainer Urban Steiner über eine „sprunghafte Weiterentwicklung“. Die beiden Landesligen wurden zusammengelegt und mit einer Reserve-Liga eine dritte Spielklasse installiert. „Es tut sich viel – in der Breite und in der Spitze“, freut sich Falkner schon auf den Tag des Mädchenfußballs am 28. September im Tivoli-Stadion und möchte da einmal mehr ihr Motto leben: „Ich arbeite für meine Mädls und dann gibt es oft gute Lösungen.“