Innsbruck – „Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich“, sang Herbert Grönemeyer im Jahr 1984. Sein Song „Männer“ steht im Sport ungewollt für die stockende Entwicklung, mit der weiblicher Input quittiert wird. Beispiel: Von den zehn Fußball-Trainern der österreichischen Frauen-Bundesliga sind neun männlich, ein Erfolgsgeheimnis steckt nicht dahinter: Lisa Alzner führt mit St. Pölten klar.
International sieht es nicht besser aus: Die Französin Corinne Diacre trainierte 2014 die Zweitliga-Herrenmannschaft von Clermont-Ferrand. Im englischen Profi-Fußball wurde 2023 mit Hannah Dingley erstmals eine Frau Cheftrainerin im Männer-Bereich (bei Viertligist Forest Green Rovers). Und im Mai 2024 avancierte Sabrina Wittmann zur ersten Cheftrainerin im deutschen Männer-Profifußball (FC Ingolstadt).
Steckt System hinter dieser Entwicklung im Sport? Die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris waren die ersten der Geschichte, bei denen die Quotenplätze zu je 50 Prozent an weibliche bzw. männliche Athleten verteilt wurden. Im Gegenzug, errechnete das Portal
femaleathlete.at, waren nur 14 Prozent der Trainer im Olympic Team Austria Frauen, bei den Deutschen waren es drei Jahre zuvor 13 Prozent.
Mit einem Gender-Traineeprogramm setzte Ex-Sportminister Werner Kogler ein Zeichen: 64 Frauen sollten die vierjährige Ausbildung absolvieren, die Kosten übernahm das Ministerium.
Ticken Frauen im Sport anders? Ja, meint die Vorarlberger Sportpsychologin Maria-Christina Rehberger: „Bei Konflikten, Problemen und Enttäuschungen sind Athletinnen in der Hitze des Gefechts leichter mit Verständnis und Einfühlungsvermögen, die Athleten mehr mit Lösungsvorschlägen und Hilfestellungen abzuholen.“
Als zuletzt die Causa um den österreichischen Damen-Skitrainer Roland Assinger aufgearbeitet wurde – kritisiert wurde sein Umgangston –, meinte die vermittelnde Expertin Jacqueline Stark (Optimal Sports): „Wir Frauen waren zunächst unter uns, das ist eine andere Kommunikation, da lässt sich manches besser einordnen.“
Wie es Männern geht, wenn sie Frauen trainieren, weiß Gerhard Waldhart. Seit 2021 fungiert der Tiroler als Videoanalyst beim deutschen Fußball-Bundesligisten Wolfsburg (mehrfacher Double-Gewinner): „Wir begegnen unseren Spielerinnen immer auf Augenhöhe und achten darauf, wer im Trainerteam vielleicht gerade den besten Zugang hat.“ Seine Erinnerung prägte ihn: „Früher hat auch ein Trainer zu mir gesagt: ‚Trottel, renn einmal die Linie hinunter!‘ So etwas geht ja schon ganz lange nicht mehr, man muss eine ganz andere Sprache wählen, aber da gibt es für mich keinen geschlechtsspezifischen Unterschied.“
Das weiß auch Tirols Deutschland-Legionärin Nicole Billa (Köln): „Für mich ist das Wichtigste ein respektvoller Umgang und dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Manchmal hat man eine andere Sicht als der Trainer, einen Disput gibt es immer wieder.“ Kaum Unterschiede erkennen will Wacker-Trainer Yasar Demir: „Die Spielerinnen sind für mich Sportler, so behandle ich sie. Du musst in der Ausdrucksweise aufpassen, brauchst Fingerspitzengefühl, aber keine Samthandschuhe.“ Vielleicht hatte Herbert Grönemeyer doch nicht Recht, als er meinte: „Männer werden als Kind schon auf Mann geeicht.“