
Autor: Florian Madl, Medium: Tiroler Tageszeitung
Die heutige Bundesliga-Anhörung des FC Wacker wurde gestern vom Protestkomitee abgesagt, auch die Gehälter-Frist der Spieler verstreicht.
Innsbruck – In der Geschäftsstelle des FC Wacker herrschte auch gestern hektische Betriebsamkeit. Die für heute anberaumte Anhörung von Präsident Kevin Radi und Investor Thomas Kienle beim Protestkomitee der Fußball-Bundesliga sollte letztmals die Möglichkeit eröffnen, eine neue Faktenlage des in den Seilen hängenden Vereins zu präsentieren. Neben der Abdeckung der Altlasten galt es, einen Finanzierungsplan für die Saison 2022/23 vorzulegen, eine positive Fortführungsprognose vom Wirtschaftsprüfer inklusive.
Gestern Nachmittag erfolgte die Absage, eine Interpretation für oder gegen eine Zweitliga-Zulassung lässt diese allerdings nicht zu: Die Urteilsfindung könne „aufgrund der eingereichten Unterlagen passieren“, ein Vorsprechen sei nicht notwendig. Zwar erfüllte man die Infrastruktur-Vorgabe (Vorweisen des Mietvertrags), aber andere Fragezeichen bleiben:
Altlasten von 3 Mio. Euro bis Saisonende – 2 Mio. beim Profi-, 1 Mio. beim Amateurbetrieb (siehe Kasten unten) – erschweren die Ausgangslage. Es bedarf mehr als einer schriftlichen Zusage von Investor Kienle, etwa einer Überweisungsbestätigung.
Die heute auslaufende Gehälter-Frist der Spieler könnte das Vertragsverhältnis beenden, so die Akteure aussteigen. Das wäre vor allem für die Jüngeren reizvoll, erlischt doch mit dem Ende des Vertragsverhältnisses die an sich verpflichtende Ausbildungsentschädigung für einen neuen Verein.
Noch deklarierte sich kein Wacker-Spieler für einen Abschied, Spielervertreter Alex Joppich würde wie wohl einige andere die Saison ungeachtet dessen zu Ende spielen. Raphael Gallé soll indes mit Erstligist Admira einig sein, über Kapitän Florian Jamnig vernahm man zuletzt Rückzugsgerüchte in den Amateur-Fußball (Imst?).
Spätestens morgen Mittwoch gibt das Protestkomitee seine Entscheidung bekannt, ob der FC Wacker weiter in der (zweiten) Bundesliga spielen darf. Auch Erstligist Austria Wien sowie die Wacker-Rivalen Young Violets und St. Pölten (2. Liga) müssen zittern. Der Unterschied: Dort verzeichnet man Vereinsvermögen auf der Habenseite, bei den Innsbruckern fehlen hingegen jegliche Sicherheiten.
Zuletzt arbeitete man an einem Plan B, sollte das von Investor Thomas Kienle in Aussicht gestellte Geld auch nach zehn (!) Wochen nicht eintreffen. Gestern standen deshalb weitere Gespräche im Sinne einer Zwischenfinanzierung im Raum: Die US-Investment-Gruppe ALK Capital, die schon den englischen Premier-League-Verein Burnley übernommen hatte, galt als Option.
Sollte die Bundesliga einen positiven Bescheid verweigern, kann sich der FC Wacker bis Monatsende noch an das Ständige Neutrale Schiedsgericht wenden, die Aussicht auf eine Zulassung bleibt angesichts des Nachreich-Verbots neuer Unterlagen allerdings bescheiden.
Mittlerweile muss man sich auch mit dem Insolvenz-Szenario auseinandersetzen, in dem es neben dem Profibetrieb um den Fortbestand des Vereins geht. Sollte es nicht gelingen, die fehlenden 970.000 Euro aufzutreiben, wäre auch der Amateurbetrieb gefährdet. Davon betroffen wären neben Nachwuchs und Damen-Mannschaften auch die zweite und dritte Herren-Mannschaft des FC Wacker (Regionalliga bzw. Bezirksliga). Statutengemäß müsste eine Mannschaft nach der Insolvenz in der 2. Klasse den Spielbetrieb aufnehmen, sollte sich kein anderer Verein zur Bildung einer Spielgemeinschaft bereit erklären.
Finanzgebaren des FC Wacker
Erwarteter Schuldenstand (mit Ende Juni 2022):
Gesamt: -2,883.000 €
abzüglich möglicher Refundierung: 1,940.000 €
davon GmbH:-1,913.000 € (bei Auszahlung der Refundierungen 1,853.000 €)
davon Verein:-970.000 € (bei Auszahlung der Refundierungen 87.000 €)
Refundierungen: Land (60.000), Stadt 178.000, Tiwag 100.000, 2. Tranche Land 202.500, Österreicher-Topf 72.000, 2. Tranche Stadt 102.500.
Auch der Lizenz-Bonus (300.000) wurde in diese Rechnung noch aufgenommen, allerdings peilt der FC Wacker aktuell nur noch die Zweitliga-Zulassung an und fällt um diese Bundesliga-Zahlung um.
Nicht eingerechnet: mögliche Nachforderungen der Ex-Investoren Siems und Ponomarev.