
Autor: Florian Madl/Alex Gruber, Medium: Tiroler Tageszeitung
Selten schien der Bewegungsdrang so groß wie jetzt, Sport stellt im Lockdown etwas besonders Erstrebenswertes dar. Spitzenathleten dürfen alles, für den Rest gelten Auflagen. Ein Verantwortlicher bringt Licht ins Dunkel.
Innsbruck - "Vor allem in Hinblick auf Kinder und Jugendliche fehlt mir wie schon beim ersten Lockdown das Verständnis für diese Maßnahme", kritisiert der Innsbrucker Sportpsychologe Christopher Willis die Einschränkungen im Sportbetrieb, die jüngsten Maßnahmen lassen nur wenig klassische Spielformen zu. Im Gegenzug arbeitet Philipp Trattner, Sektionschef im Sportministerium, an Rahmenbedingungen für den Spitzensport: "Unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage wollen wir so viel wie möglich zulassen." Was heißt das nun?
1 Wer darf ohne Einschränkung sporteln? Alle jene, die nach Definition des Bundes-Sportförderungsgesetzes (§?3/6) wettkampforientiert Sport betreiben "mit dem Ziel, nationale oder internationale Höchstleistungen hervorzubringen" (miteingeschlossen Elite, Nachwuchs, Behindertensport). Das gilt allerdings auch für jene sich in Österreich aufhaltenden Auslands-Sportler, die hier trainieren (u. a. Ski-Teams). Ein Covid-Konzept ist Voraussetzung (u. a. Testungen).
2 Gibt es sportartspezifische Einschränkungen? Nein, solange oben angeführte Anforderungen erfüllt werden. Bedingung bleibt ein PCR- oder Antigen-Test, was aufgrund niedrigerer Kosten auch kleineren Verbänden neue Möglichkeiten eröffnet. Zuletzt hieß es, dass etwa auch die Floorballer an eine Fortsetzung des Betriebs denken.
3 Was passiert mit leistungsorientierten Nachwuchssportlern aus Schwerpunktschulen? "Wir müssen mit Weitsicht agieren, denn das beste Leistungsalter liegt mitunter niedriger als anderswo. Ein 13-Jähriger wurde zuletzt Europameister im Turmspringen", präzisiert Sektionschef Trattner. Auch dort, wo Schüler am Sprung in Leistungszentren sind - rund 2700 österreichweit -, darf weiter trainiert werden. Internate mit Sportbezug (u. a. Stams/900 Plätze in Österreich) bleiben offen.
4 Was geschieht mit angehenden Leistungsschienen unter den Akademien? Talenteschmieden wie etwa das Landes-Ausbildungszentrum (LAZ, 12/13 Jahre) im Fußballsport dürfen laut Trattner "aufgrund der Vermischung zahlreicher Vereinsangehöriger" nicht zum Regelbetrieb übergehen.
5 Was gilt für bewegungswillige Breitensportler? Im Freien dürfen bis zu sechs Personen aus maximal zwei Haushalten Sportarten ausüben - aber nur jene, bei denen es nicht zu Körperkontakt kommt (nämlich keine Kampf- und Kontaktsportarten/Tanzen, Judo, Karate, Volleyball, Fußball etc.). Das gilt trotz Ausgangsbeschränkung von 20 bis 6 Uhr, wenn der Aufenthalt im Freien der Erholung dient.
6 Darf ein Gruppentraining stattfinden? Nicht, wenn es mit mehr als sechs Personen aus zwei Haushalten erfolgt - das gilt auch in Sportarten ohne Körperkontakt.
7 Inwiefern sind Indoor-Sportanlagen oder Liftanlagen zugänglich? Diese bleiben grundsätzlich geschlossen (Fitnessstudios, Kletterhallen, Schwimmbäder usw.), Ausnahmereglungen gelten nur für die eingangs erwähnten Spitzensportler.
8 Was passiert mit Sportveranstaltungen? Erlaubt sind jene, bei denen ausschließlich Spitzensportler im Einsatz sind. Aufhalten dürfen sich in geschlossenen Räumen bis zu 100 Sportler, im Freiluftbereich bis zu 200 zuzüglich der jeweiligen Trainer, Betreuer und sonstigen Personen, die für die Durchführung erforderlich sind. Voraussetzung: ein Präventionskonzept.
9 Wie lange gilt die Verordnung zur Regulierung des Sports? Grundsätzlich bis zum 30. November, wobei die Infektionszahlen die weitere Richtung vorgeben. Mitte des Monats wird auf Basis der epidemiologischen Lage wohl eine Evaluierung stattfinden, dann könnte eine neue Verordnung die bisher geltende ablösen. Sportpsychologe Christopher Willis warnt vor den künftigen Folgen des eingeschränkten Sportbetriebs für Kinder und Jugendliche. Studien würden zeigen, dass sich schon jetzt über 80 Prozent der jüngsten Generation zu wenig bewegen.
Sein Credo: "Wir können nur hoffen, dass in Österreich in diesem Bereich die Lernkurve der Entscheidungsträger für den Kinder- und Jugendsport bis zum nächsten Lockdown steigt und dass die Expertise von erfahrenen Sportpsychologen, Sportmedizinern und Sportwissenschaftern mehr berücksichtigt wird." Vorerst heißt es, Bewegungsalternativen zu finden.