
Autor: Florian Madl, Medium: Tiroler Tageszeitung
Der scheidende Wacker-Präsident Gerhard Stocker und der neu gewählte Joachim Jamnig trafen für ein Doppel-Interview zusammen. Beide blicken nach Jahren der sportlichen Dürre positiv in die Zukunft.
Wenn Sie einen Titel für das Buch der vergangenen drei Jahre schreiben müssten ...
Gerhard Stocker: ... dann hieße der: "Das Ende ist doch positiv." In dieser Zeit habe ich dem Verein wohl am meisten geholfen, indem ich Ruhe bewahrte.
Wie war es für Sie als Wattener, der doch als Wacker-Präsident immer Gegenpol zur WSG war?
Stocker: Eine Zeit lang war es wild: die einen zu 150 Prozent für mich, die anderen sauer. Aber das hat sich dann im vergangenen Jahr komplett gelegt. Ich habe auch beim Abstieg mit der WSG mitgelitten. Wenn es die WSG nicht gegeben hätte (Funktionärstätigkeit, Anm.), wäre ich nicht beim FC Wacker. Die Basiswertschätzung gehört her. Dass ich ganz klar der Meinung bin, dass es in der Bundesliga nicht zwei Tiroler Vereine verträgt, verhehle ich nicht.
Hätte das die WSG sein können?
Stocker: Durchaus, aber dann hätte sie nicht schon am Beginn sagen dürfen, das Tivoli ist ein fremdes Stadion, da wollen wir nicht hin. Ich sehe den Abstieg zweigeteilt. Ich wünsche Wattens alles Gute, aber in der richtigen Positionierung. Man wird sehen: Wenn Wattens wieder einen tollen Zweitliga-Fußball in Wattens spielt, haben viele eine Gaudi. Wenn es gelingt, dass der andere Verein die Unterstützung erhält, um Erstliga-Fußball zu spielen ...
Wie beurteilen Sie als neuer Präsident den Abstieg, Herr Jamnig?
Joachim Jamnig: Sportlich für Tirol ein Desaster. Ich weiß, wie es uns im Vorjahr dabei gegangen ist. Am ersten Tag: Eine Katastrophe, in der Kabine plärrten die Spieler. So etwas wünscht man niemandem.
Was ist Ihre Motivation, das Präsidentenamt beim FC Wacker Innsbruck zu übernehmen?
Jamnig: Den Tiroler Fußball wieder dorthin zu bringen, wo er einmal war. Ich sah das bei meinem Sohn (Florian, derzeit Altach, Kandidat beim FC Wacker, Anm.). Nachwuchs ist ein wichtiges Thema. Wir müssen ein Fundament bauen, aber wir dürfen nicht nur in den Profikader investieren. Wir wollen Profis selbst ausbilden ...
Gehen Sie gerne voraus?
Jamnig: Genauso wie Gerhard, aber was man sich von mir nicht erwarten kann, ist, dass ich Millionen in den Verein stecke. Ich bin kein Unternehmer. Ich liefere ehrliche Arbeit ab und bin fleißig. Was wesentlich ist: Wir haben niemanden, der uns einfach so mit Geld zuschüttet, deshalb muss das Tiroler Bekenntnis zum Fußball bleiben. Es wäre ja ein Wahnsinn: Ein Deutscher steckt Geld in den Verein, die Tiroler nicht.
Was könnte man im Vergleich zum FC Wacker der vergangenen Jahre besser machen?
Jamnig: Man hat immer viel rausgeblasen und versprochen. Mir ist es lieber, zuerst zu arbeiten und dann zu präsentieren. Der Verein posaunte immer viel raus, wollte es dann mit aller Kraft umsetzen, konnte das aber nicht.
Es heißt, Sie fungieren künftig nicht mehr als ehrenamtlicher Präsident.
Jamnig: Es ist angedacht, aber noch nicht fixiert, ich bin noch in meiner Bank angestellt. Mein Ziel war das nicht, aber so, wie sich das entwickelt, lässt sich das nicht in einer nebenberuflichen Tätigkeit darstellen. Ich sagte mir: Ich stelle mich dem Ganzen, gib was Sicheres auf, probiere es noch einmal.
Woran krankt es im Tiroler Fußball?
Jamnig: Das ist wie bei einer Schularbeit, bei der man den Sitznachbarn fragt, ob er einem helfen kann: Der hält die Hand vor und schreibt weiter. Jeder muss seine Rolle verstehen, aber wir müssen die Zusammenarbeit suchen. Die vermeintlichen Pfründe, wo keiner was hergeben will, müssen aufgegeben werden ...
Was sind die Argumente, dass in Hinkunft alles anders wird?
Stocker: Nachdem, was bei uns und bei der WSG passierte, hoffe ich, dass alle erkennen: Es muss sich was tun. So kann es nicht weitergehen. Was mir in Tirol fehlt, ist, dass man jeden talentierten Spieler als Talent erkennt. Es geht auch hier um Zusammenarbeit und darum, dass Talente erst im Land gehalten und nicht direkt nach Deutschland transferiert werden. Wir müssen stolz darauf sein, dass es ein Talent zu einem Tiroler Profiverein schafft.
Was garantiert den Fußballfans, dass der deutsche Investor kein Bumerang wird wie manches Finanzszenario in der Vergangenheit?
Jamnig: Es ist kein Scheich, kein russischer Oligarch, sonder eine eingesessene Familie - ich bitte zu respektieren, dass sich die Familie nicht zeigen möchte.
Der Trainer ist ein Deutscher, einige deutsche Spieler sollen kommen. Will der Partner eine Art "Piefke-Saga"?
Jamnig (lacht): Nein, es wird keine Piefke-Saga, es gibt keinen Druck vom Partner. Ali Hörtnagl stimmt sich mit Jens Duve (Vertrauensmann des Geldgebers, Anm.) ab. Der Kern, von dem man glaubt, dass er den Schritt machen kann, wird bleiben. Das nächste Jahr ist als Zwischenschritt geplant, kann aber auch mehr werden.
Was ist jetzt mit dem Meistertitel?
Stocker: Der Aufstieg muss heuer nicht passieren, aber er darf. Im Jahr zwei wäre es dann super.
Jamnig: In Sachen Budget funktioniert es auch in dieser Saison. Aber eine Aussage unseres deutschen Partners war: lieber gesichert aufsteigen als irgendwie.