
Autor: Florian Madl, Medium: Tiroler Tageszeitung
Wacker-Präsident Gerhard Stocker (68) stellt in seinen letzten Amtsmonaten die Weichen für die Zukunft des Vereins. Aus dem Tiroler spricht Zuversicht.
Verlief die Corona-Zeit aus Ihrer Sicht ruhig?
Stocker: Keineswegs, ich bin ja auch Ansprechpartner in der Bundesliga und im Verein gab es genügend Videokonferenzen. Als Ehrenamtlicher kenne ich keine Kurzarbeit.
Eine Kernfrage wurde mit der Lizenz-Erteilung beantwortet: Das Wacker-Budget 2020/21 soll demnach gut vier Millionen betragen.
Stocker: Es ist erstmals so, dass wir nicht mehr mit dem Rücken zur Wand stehen, auch einen Verlustvortrag haben wir nicht abzudecken. Dazu trug auch unser neuer Partner bei. Wir werden mit 30. Juni positiv bilanzieren, das gelang mir zum zweiten Mal. Ich werde also heuer wie nach meiner ersten Amtsperiode 2008 mit positivem Eigenkapital an meinen Nachfolger (Kandidat Joachim Jamnig, Anm.) übergeben.
Was lässt dieser Betrag in der zweiten Liga zu?
Stocker: Jetzt haben wir eine Basis, die es so noch nie gab. Wir konnten den Bereichen Budgets zuordnen: Back Office, Nachwuchs, Damen usw. - so, wie es sich gehört. Sonst mussten wir immer zu Wünschen sagen: Das ist zu teuer.
Es hieß, der letztlich gescheiterte Transfer von Manuel Maranda zu Barnsley hätte viel Geld in die Kassen gespült. Weiß man schon, ob die Engländer nach geleisteter Unterschrift jetzt doch zahlen müssen?
Stocker: Wir haben in erster Instanz Recht bekommen und auch ein Teil des Geldes wurde überwiesen. Mehr will ich dazu nicht sagen, denn noch können sie den Weg zum Internationalen Sportgerichtshof (CAS) beschreiten.
Was die Tiroler Politik anbelangt: Ist die Gesprächsbasis besser?
Stocker: Wir informieren die Verantwortlichen, aber natürlich hängt uns nach, dass es hieß: Ein um 40 Prozent reduziertes Budget muss auch gehen. Nach dem Abstieg gingen wir zunächst von 4 Millionen Euro aus, dann von 3,5 und 14 Tage später sagte man uns: Mit 3 muss es gehen, Lafnitz schafft das auch. Da könnten wir zusperren.
Das Klima besserte sich?
Stocker: Ich hoffe, dass die Gesprächsbasis künftig eine andere ist, auch wenn ich weiß: Ich bin als Person in diesen Kreisen verbrannt. Deswegen ist es wichtig, dass mit neuen Leuten und dem Vorstand neuer Zunder reinkommt. Natürlich kann man kritisieren: vier Geschäftsführer. Aber das braucht es, wenn man das Mehr-Augen-Prinzip leben will.
Ist Manager Alfred Hörtnagl denn auch verbrannt?
Stocker: Man muss gewisse Dinge aushalten, das ist in dieser Position so.
Und Sie treten als Präsident ab - ist bei Ihnen die Schmerzgrenze erreicht?
Stocker: Nein, aber ich werde 69, das wäre nicht das richtige Signal. Für mich ist wichtig: Die Organisation muss unabhängig vom physischen Alter der handelnden Personen jung bleiben. Sonst geht es uns wie vielen Firmen und Verbänden, weil sie spät oder überhaupt nicht übergeben.
Besteht die Gefahr, dass es heißt: Der FC Wacker hat einen potenten Investor, jetzt braucht es keine öffentlichen Zuwendungen mehr?
Stocker: Wenn das der Fall wäre, werden wir wieder nichts Besonderes schaffen. Unser deutscher Partner hat für drei Jahre unterschrieben, obwohl er an ein Zehn-Jahres-Projekt denkt. Aber wenn das offizielle Tirol nicht mittut, werden auch sie die Konsequenzen ziehen.
Kleine Brötchen wurden bei diesem Verein noch nie gebacken.
Stocker: Die Erwartungshaltung war in diesem Verein noch nie eine kleine, das weiß ich seit 2002. Aber entweder lebte man vom Mäzenatentum oder im Minus. Auf der anderen Seite sind wir einer von acht Vereinen, die seit der Rückkehr (2003, Anm.) in der Bundesliga spielen.
Was fehlt dem Verein noch Ihrer Meinung nach?
Stocker: Vor zwei Jahren wurde das Tivoli als Heimstätte des Vereins apostrophiert, es begann mit der Einfärbung in Schwarz-Grün. Dann stieg die WSG auf und man positionierte sich offiziell wieder um. Es muss der nächste Schritt kommen: dass man uns das Tivoli als Pächter überlässt.
Hat das Tivoli nicht Platz für mehr Vereine?
Stocker: Ich bleibe dabei: Nachhaltig lassen sich keine zwei Tiroler Vereine in der höchsten Liga etablieren.
Was aber, sollte die WSG die Liga halten und der FC Wacker kommendes Jahr aufsteigen ...
Stocker: Gegen diesen Druck wehre ich mich mit Händen und Füßen. Das kommende Jahr wird für uns ein Übergangsjahr. Wir wollen vorne mitspielen, gleichzeitig etwas im Hintergrund aufbauen. Es war schon in den vergangenen Jahren so, dass uns das Sportliche davongelaufen ist. Wir lassen uns den Aufstieg also nicht raufdrücken.
Es ist von Routiniers die Rede, die der Mannschaft kommendes Jahr helfen sollen, Leute wie Lustenau-Ass Ronivaldo. Verlässt man damit den Weg mit den Jungen?
Stocker: Sicher nicht! Leider wurde mit dem Zwangsabstieg der zweiten Mannschaft (bedingt durch den Abstieg der ersten Mannschaft 2018/19, Anm.) viel Geld verbrannt. Für Talente war die 2. Liga eine Riesen-Chance, jetzt wollen auch andere wie die Rapid Amateure rauf. In Deutschland hat man nur die U19-Liga für die vereinseigenen Talente.
Gesetzt also den Fall, dass der Verein demnächst dennoch aufsteigt: Die Sponsorenlandschaft in Tirol ändert sich nicht in dem Maß, dass das Budget für Spitzenfußball reicht.
Stocker: Dafür sind dann auch unsere Partner da, die mit Kontakten zu internationalen Unternehmen bei der Sponsorfindung helfen können.