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Pressespiegel - 03.07.2025

Perspektiven ausloten, statt Handtuch zu werfen

Autor: Alex Gruber, Medium: Tiroler Tageszeitung

Gerhard Stocker, der scheidende Präsident des FC Wacker Innsbruck, rückt nach der Bundesliga-Clubkonferenz Dinge zurecht und denkt gewohnt innovativ an die heimische Fußball-Zukunft.

Innsbruck - Dass der FC Wacker bei der Zweitliga-Clubkonferenz dagegen stimmte, den Antrag auf einen vorzeitigen Saisonabbruch zuzulassen, stieß in anderen Bundesländern teilweise auf Irritation. Zumal der Innsbrucker Traditionsklub nach Ausbruch der Corona-Pandemie als erster Verein das gewissermaßen "geistige Saisonende" erklärt hatte.

"Vorsicht. Hier wird das Kind mit dem Bad ausgeschüttet. In unserer damaligen Erklärung waren der Amateurbereich und der Nachwuchs gemeint, aber nicht der Profibereich." Und da hält es Stocker, ehemals langjähriger Bundesliga-Vizepräsident und immer noch im Aufsichtsrat vertreten, mit der Meinung von Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer, dass man vor einem Abbruch noch alle Möglichkeiten ausloten müsse. Das derzeitige Berufsverbot für Zweitliga-Kicker, die ja noch nicht in Kleingruppen trainieren dürfen, werfe Fragen auf.

"Noch fehlen die Verordnungen der Regierung. Vielleicht tut sich auch ein Sponsoring auf, um weiterspielen zu können", übt er sich in seiner Rolle als Positivdenker, um gleichfalls nicht von der Hand zu weisen: "Wenn es zeitlich und finanziell nicht geht, muss man aufhören - aber zum spätestmöglichen Zeitpunkt."

Was den künftigen Spielbetrieb betreffen könnte, ist Stocker gemeinsam mit Sportmanager Al­fred Hörtnagl gedanklich schon einen Schritt weiter gegangen: "Wir müssen schauen, dass wir in der kommenden Saison so wenig Geisterspiele wie möglich haben und deswegen zum spätestmöglichen Zeitpunkt beginnen." Denn im Gegensatz zu den Bundesligisten, die das Budget mit TV-Geldern aufpolieren können, ist im Zweitliga-Alltag der zahlende Stadionkunde eine finanziell unverzichtbare Säule.

Es bleibt so oder so stressig. Und so gesehen würde eine Aufstockung der Bundesliga auf 14 Clubs, mit der Aufnahme der beiden Aufstiegsaspiranten Ried und Klagenfurt, und ebenfalls einem 14er-Feld in Liga zwei mit jeweils 26 Runden und ohne Play-off zumindest terminlich Sinn machen. Denn mit Blickrichtung EM-Endrunde 2021 wird in vielen Ländern auch der Rahmenspielplan für die neue Saison sehr eng.

"Die Bundesliga besteht aus der ersten und zweiten Liga", hält Stocker in Sachen Gemeinschaftsdenken fest. Wohl wissend, dass es ein riesengroßes Solidaritätsbekenntnis fordern würde, wenn man den Fernsehkuchen oben durch 14 teilt und möglicherweise eine Saison mit drei Absteigern ausspielt.

Außergewöhnliche Anlässe erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. "Ich weiß, dass mir keiner glaubt - wenn ich jetzt Präsident von Ried wäre, würde ich sagen: ,Nächster Anlauf, nächstes Jahr." Man muss momentan viel großflächiger denken - sind wir froh, dass wir gesund sind", notiert Stocker.

Eine Etage tiefer (Regionalligen) müssen 2020 u. a. die Rapid- oder Sturm-Amateure auf den anvisierten Zweitliga-Aufstieg verzichten. Drei verschiedene Anspruchsgruppen (Profiteams, Bundesliga-Farmteams wie teilweise Amateur-Mannschaften) machen die gemeinsame Zweitliga-Ausrichtung nicht unbedingt leichter. "Wenn die Clubs so unterstützt werden wie die Firmen, kann man über eine Fortsetzung reden", hält der Ex-Unternehmer, der die Gesetze der freien Wirtschaft kennt, bezüglich der 2. Liga fest. Rücklagen würden da wie dort fehlen: "Als ich in meiner Funktion beim FC Wacker einmal öffentlich damit argumentiert habe, Rücklagen in Höhe eines halben Saison-Budgets zu bilden, bin ich gegen eine Wand geklatscht", erinnert sich Stocker. Erst der Einstieg einer Hamburger Unternehmer-Familie sichert ja Wackers Profibetrieb. Vielleicht werden im heimischen Ligabetrieb jetzt Bekenntnisse sichtbar, die Stocker auf Tiroler Boden oft vermisste. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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